OGH: Zur Einlagenrückgewähr
Unmittelbare und mittelbare Gesellschafter haften für die verbotene Einlagenrückgewähr solidarisch
§§ 82 f GmbHG, § 891 ABGB
GZ 6 Ob 98/24s, 06.11.2024
OGH: Adressaten des Rückersatzanspruchs nach § 83 GmbHG sind an erster Stelle die in § 83 Abs 1 GmbHG genannten „Gesellschafter“. Auch ehemalige Gesellschafter, sofern die Leistung im Hinblick auf die ehemalige Gesellschafterstellung erbracht wird, unechte Dritte oder die „wahren Gesellschafter“, also etwa der Treugeber oder (wie hier) mittelbare Gesellschafter, können passivlegitmiert sein. Selbst echte Dritte können bei Kollusion oder grober Fahrlässigkeit nach § 83 Abs 1 GmbHG rückgabepflichtig sein.
Einen Fall der gleichzeitigen Inanspruchnahme von unmittelbarem und mittelbarem Gesellschafter für „dieselbe“ Leistung mittels Solidarhaftung hatte der OGH bisher noch nicht zu entscheiden. Der erkennende Senat schließt sich für einen Fall wie den vorliegenden, in dem der unmittelbare Gesellschafter alleiniger Anteilseigner der zwischengeschalteten erstbeklagten GmbH und überdies auch deren Geschäftsführer ist, den Befürwortern der Solidarhaftung von unmittelbarem und mittelbarem Gesellschafter an. Die Leistung an ihn erfolgte hier (auch) causa societatis seiner Beteiligung an der Erstbeklagten. Wegen seiner Verbundenheit über die Erstbeklagte mit der Klägerin (worin wohl auch der Grund für seine Bestellung als Geschäftsführer beider Gesellschaften liegt) erfolgte eine Zuwendung, die ansonsten nicht stattgefunden hätte. In der Zuwendung an ihn als den mittelbaren Gesellschafter liegt nur deshalb eine verbotene Einlagenrückgewähr, weil sie der Leistung an einen unmittelbaren Gesellschafter gleichgehalten wird, und nur deshalb hat die Klägerin überhaupt einen Rückersatzanspruch nach § 83 GmbHG, sodass die Erstbeklagte auch für Letzteres nicht „auszublenden“ ist. Es erlangte zwar scheinbar nur ihr unmittelbarer Gesellschafter einen Vorteil, jedoch liegt zum einen bei der vorliegenden Konstellation der Gedanke einer wirtschaftlichen Einheit nahe; zum anderen wird auch bei Leistungen an sonstige nahe Angehörige nicht geprüft, inwieweit dadurch dem Gesellschafter selbst ein Vorteil erwächst.
Nach dem Grundprinzip der §§ 82 f GmbHG soll sich die GmbH wegen einer verbotenen Einlagenrückgewähr an ihre Gesellschafter wenden können. Es ist daher nicht einleuchtend, warum sich die Klägerin auf den Zweitbeklagten als alleinigen Haftungsfonds verweisen lassen müsste, zumal mit dem Durchgriff auf den Zweitbeklagten dem Kapitalerhaltungsgebot auf Ebene der leistenden Gesellschaft nur bei tatsächlicher Erfüllung des Anspruchs Genüge getan ist. Wäre dieser nicht liquid oder für eine Exekution nicht greifbar, ginge dies zu Lasten der leistenden Gesellschaft, deren Vermögen wegen der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung mit der Erstbeklagten geschmälert wurde. Die solidarische Haftung der Erstbeklagten mit dem Zweitbeklagten für die verbotene Einlagenrückgewähr ist damit zu bejahen.