OGH: Zu den zur Anordnung einer Freiheitsbeschränkung befugten Personen
Bei Beschränkungen, die dem ärztlichen oder pflegerischen Bereich zuzuordnen sind, obliegt die Anordnungskompetenz den Ärzten bzw den Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege; verfügt eine Einrichtung über solche nicht, so muss damit eine Pflegekraft von außen betraut werden
§ 5 HeimAufG, § 14 GuKG
GZ 7 Ob 141/24x, 23.10.2024
OGH: Nach § 5 Abs 1 HeimAufG darf eine Freiheitsbeschränkung nur aufgrund der Anordnung einer dazu befugten Person vorgenommen werden. Anordnungsbefugt sind 1. für Freiheitsbeschränkungen durch medikamentöse oder sonstige dem Arzt gesetzlich vorbehaltenen Maßnahmen und alle damit in unmittelbarem Zusammenhang erforderlichen Freiheitsbeschränkungen ein Arzt; 2. für Freiheitsbeschränkungen durch Maßnahmen im Rahmen der Pflege ein mit der Anordnung derartiger freiheitsbeschränkender Maßnahmen von der Einrichtung betrauter Angehöriger des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und 3. für Freiheitsbeschränkungen durch Maßnahmen im Rahmen der Betreuung in Einrichtungen der Behindertenhilfe und in Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger die mit der pädagogischen Leitung betraute Person.
Danach erfordert die Zulässigkeit einer Freiheitsbeschränkung deren Anordnung durch eine dazu befugte Person. Für die Befugnis zur Anordnung einer Freiheitsbeschränkung sind - unter Anknüpfung an berufsrechtliche Bestimmungen - 3 verschiedene Kompetenzbereiche abgebildet, jener der Ärzte (Z 1), jener der Angehörigen des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege (Z 2) und jener des in Behinderteneinrichtungen wirkenden pädagogisch ausgebildeten Personals (Z 3). Es wird damit ein gleichberechtigtes, nebeneinander bestehendes und sich gegenseitig ausschließendes Anordnungsrecht der bezeichneten Berufsgruppen begründet, das an die konkret zu setzende Maßnahme anknüpft. Die konkrete Zuordnung der Anordnungsbefugnis ergibt sich aufgrund der berufsrechtlichen Kompetenzbeschreibungen. Maßnahmen im Rahmen der Pflege sind solche, die zum „eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich“ iSd § 14 GuKG gehören. Danach umfassen die pflegerischen Kernkompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ua die eigenverantwortliche Erhebung des Pflegebedarfs sowie die Beurteilung der Pflegeabhängigkeit, der Diagnostik, Planung, Organisation, Durchführung, Kontrolle und Evaluation aller pflegerischen Maßnahmen in allen Versorgungsformen und -stufen.
Bei Beschränkungen, die dem ärztlichen oder pflegerischen Bereich zuzuordnen sind, obliegt die Anordnungskompetenz auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe und in Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger den Ärzten bzw den Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Verfügt eine Einrichtung über keinen im Rahmen eines Dienstvertrags Angestellten des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege, so muss mit der Anordnung pflegerischer Freiheitsbeschränkungen eine Pflegekraft von außen betraut werden.