26.11.2024 Zivilrecht

OGH: Zur Außenhaftung des abfallrechtlichen Geschäftsführers

Die Vorschriften des AWG sind Schutzgesetze; neben Vertragspartnern sind auch möglicherweise Regressberechtigte, deren gesetzliche Aufgabe die Wiederherstellung oder Verbesserung des Zustands des verunreinigten Grundwassers ist, geschützt


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Abfallwirtschaftsrecht, Schutzzweck der Norm, Abfallentsorgung, abfallrechtlicher Geschäftsführer, Außenhaftung, Vertragspartner, Regressberechtigte
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 1311 ABGB, § 26 AWG, § 79 AWG, §§ 181b f StGB

 

GZ 4 Ob 208/23a, 22.10.2024

 

OGH: Der Zweitbeklagte veranlasste hier wissentlich die unzulässige Ablagerung von giftigen Waschwässern auf der Deponie der Klägerin als Geschäftspartnerin der Erstbeklagten unter Verwendung falscher Dokumentationen. Dieses Verhalten erfüllt die Kriterien der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, sodass schon daraus eine Außenhaftung des Zweitbeklagten gegenüber der Klägerin folgt:

 

Der Zweitbeklagte hatte hier bei der Erstbeklagten die Stellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers inne. Ein solcher ist gem § 26 Abs 1 AWG zu bestellen, wenn die erlaubnispflichtige Tätigkeit der Sammlung und Behandlung von gefährlichen Abfällen nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist. Der abfallrechtliche Geschäftsführer muss hauptberuflich tätig und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen (§ 26 Abs 1 Z 3 AWG). Er ist nach Abs 3 „für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gem Abs 1 und die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorschriften, einschließlich abfallrechtlicher Genehmigungen, verantwortlich“. Dies umfasst auch die Einhaltung der Genehmigungen, die aufgrund des AWG erteilt wurden oder als solche gelten. Er hat damit insbesondere nach dem AWG dafür zu sorgen, dass schädliche und nachteilige Einwirkungen auf Mensch, Tier und Pflanze sowie deren Lebensgrundlagen und natürliche Umwelt vermieden werden (§ 1 Abs 1), Abfälle, zu deren Abfallbehandlung die Abfallbesitzerin nicht imstande ist, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten übergeben werden (§ 15 Abs 5), gefährliche Abfälle nur in einer Untertagedeponie abgelagert (§ 16 Abs 1) und nur mit entsprechendem Begleitschein einer anderen Person übergeben werden (§§ 18 ff). Die Verletzung dieser Pflichten ist auch verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert (§ 79 AWG). Zusätzlich stellen §§ 181b f StGB umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen unter gerichtliche Strafe.

 

Die Vorschriften des AWG sollen schädliche oder nachteilige Einwirkungen auf Mensch, Tier und Pflanze, deren Lebensgrundlagen und deren natürliche Umwelt vermeiden oder sonst das allgemeine menschliche Wohlbefinden beeinträchtigende Einwirkungen so gering wie möglich halten (§ 1 Abs 1 Z 1 AWG). Es handelt sich also eindeutig um ein Schutzgesetz. Ebenso geschützt sind jene (möglicherweise gegenüber der Klägerin Regressberechtigte), deren gesetzliche Aufgabe die Wiederherstellung oder Verbesserung des Zustands des verunreinigten Grundwassers ist.