22.10.2024 Wirtschaftsrecht

OGH: Haftung eines Kreditinstituts nach § 10 Abs 3 GmbHG

Bei (Bar-)Abhebung und (Bar-)Einzahlung desselben Betrags innerhalb von nicht einmal drei Minuten mussten sich der Bank (ihren Mitarbeitern) Bedenken, dass es sich um die selben Mittel handelte, also um Gelder, die aus dem Vermögen der Gesellschaft stammten, geradezu aufdrängen


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, GmbH, Stammeinlage, Bareinlage, schriftliche Bestätigung des Kreditinstituts, Haftung der Bank
Gesetze:

 

§ 10 GmbHG

 

GZ 6 Ob 120/24a, 20.09.2024

 

OGH: Die Bank haftet für die (Un-)Richtigkeit ihrer Bestätigung nach § 10 Abs 3 GmbHG, wenn die Bestätigung schon im Zeitpunkt ihrer Ausstellung bedenklich war.

 

Die Beklagte geht davon aus, dass die Bestätigung „nicht wahrheitswidrig“ erteilt worden sei. Dabei verkennt sie, dass es nicht darauf ankommt, ob formal vom Bevollmächtigten 30.000 EUR (tituliert) „als Stammeinlage“ bezahlt wurden, weil darin bloß der „formelle“ Zahlungszweck wiedergegeben wird. Maßgeblich ist, ob der Gesellschaft in dem Sinne Geldmittel als Stammeinlage „frei zur Vergügung“ standen, als ihr neue Mittel namens der Gesellschafter zugeführt wurden (vgl zum Fehlen „freier Verfügbarkeit“, wenn die Gesellschaft selbst für diesen Betrag haftet oder es sich um Umbuchungsvorgänge ohne tatsächlichen Geldfluss handelt, 6 Ob 76/00w). Dies war nach dem vom Berufungsgericht zugrundegelegten Sachverhalt, wonach die 30.000 EUR zuvor das Vermögen der Gesellschaft schmälernd abgehoben worden waren, die Einzahlung also aus dem Vermögen der Gesellschaft stammte, tatsächlich nicht der Fall.

 

Bei (Bar-)Abhebung und (Bar-)Einzahlung desselben Betrags innerhalb von nicht einmal drei Minuten mussten sich der Bank (ihren Mitarbeitern) Bedenken, dass es sich um die selben Mittel handelte, also um Gelder, die aus dem Vermögen der Gesellschaft stammten, geradezu aufdrängen.

 

Ausgehend von dem hier konkret zu beurteilenden Sachverhalt liegt ganz klar ein fahrlässiger Sorgfaltsverstoß der Bank bei Ausstellung der unrichtigen Bestätigung vor. Der von der Beklagten angestrebten Untersuchung dahin, dass die Beklagte – wie von ihr eingefordert – „demselben Haftungsmaßstab“ zu unterliegen hätte wie dem an Notare anzulegenden, bedarf es nicht. Sie unterstellt damit implizit, aber unrichtig, dass das Berufungsgericht von unterschiedlichen Sorgfaltsmaßstäben bei Notaren im Vergleich zu Kreditinstituten ausgegangen wäre. Nach der Argumentation der Beklagten soll ihre Haftung deshalb nicht gegeben sein, weil bei hypothetischer Beteiligung eines Notars als Treuhänder dieser gar nicht die Möglichkeit gehabt hätte, anlässlich der Bestätigung zu überprüfen, ob der Betrag von 30.000 EUR nicht zuvor von einem Geschäftskonto der GmbH abgehoben worden war. Gleiches soll nach der Revision dann gelten, wenn mehrere Geschäftskonten – wiederum hier nicht vorliegend und rein hypothetisch – bei verschiedenen Kreditinstituten geführt worden wären. In Wahrheit geht es damit aber nicht um unterschiedliche Sorgfaltsmaßstäbe, sondern allenfalls um unterschiedliche Wissensstände der Aussteller der Bestätigung. Die Argumentation der Beklagten liefe darauf hinaus, dass eine Bank (ihre Mitarbeiter) sorgfaltswidrig ihren Kenntnisstand ausblenden dürfte(n), bloß weil dieses Wissen bei Befassung eines Notars (wahrscheinlich) nicht gegeben wäre. Zweifelsohne müsste aber auch einem Notar die Ausstellung einer Bestätigung nach § 10 Abs 3 GmbHG „bedenklich“ erscheinen, wenn er über die unmittelbar zuvor erfolgte Abhebung desselben Betrags vom Konto der Gesellschaft (und darüber hinaus durch dieselbe bevollmächtigte Person als Erleger) informiert gewesen wäre.