OGH: Zum Dienstgeberhaftungsprivileg
Dass der Kläger ohne Entlohnung im Rahmen der Nachbarschaftshilfe auf Ersuchen des Waldeigentümers tätig wurde, steht der Annahme seiner Eingliederung in den Betrieb des erstbeklagten Holzbringungsunternehmens nicht entgegen
§ 176 ASVG, § 333 ASVG
GZ 2 Ob 120/24x, 10.09.2024
OGH: Nach stRsp gilt das Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG auch bei Unfällen, die durch § 176 Abs 1 Z 6 ASVG Arbeitsunfällen gleichgestellt sind. Dies trifft auf solche Unfälle zu, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit des Verletzten ereignen, wie sie sonst ein nach § 4 ASVG Versicherter ausübt. Für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit ist wesentlich, dass es sich um eine ernstliche, dem in Frage stehenden Unternehmen dienliche, wirtschaftlich als Arbeit zu wertende Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und durch die ein enger ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird. Entscheidend ist damit das Tätigwerden des Verletzten in der Sphäre (im Aufgabenbereich) des Unternehmers. Auf die Beweggründe des Tätigwerdens kommt es hingegen nicht an. Der Eingliederung in den fremden Betrieb steht auch nicht entgegen, dass die Mithilfe nicht aufgrund einer Aufforderung des Unternehmers, sondern freiwillig und aus bloßer Gefälligkeit erfolgte. Wesentlich ist bei der Verrichtung des Gefälligkeitsdienstes nur, dass die Tätigkeit ihrer Art nach einer abhängigen Beschäftigung entspricht und dass sie nicht zum eigenen betrieblichen Aufgabenbereich des Verletzten gehört. Nicht erforderlich ist, dass es sich um eine dauernde Tätigkeit handelt, auch eine kurzfristige und vorübergehende Eingliederung in den Betrieb kann ausreichen.
Auf dieser Grundlage ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Kläger wäre in den Betrieb des erstbeklagten Holzbringungsunternehmens eingegliedert gewesen, nicht korrekturbedürftig. Dass der Kläger ohne Entlohnung im Rahmen der Nachbarschaftshilfe auf Ersuchen des Waldeigentümers tätig wurde, steht der Annahme seiner Eingliederung in den Betrieb des Erstbeklagten nicht entgegen.
Gem § 333 Abs 3 ASVG ist das Dienstgeberhaftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG nicht anzuwenden, wenn der Arbeitsunfall durch ein Verkehrsmittel eingetreten ist, für dessen Betrieb aufgrund gesetzlicher Vorschrift eine erhöhte Haftpflicht besteht. Der Dienstgeber haftet nur bis zur Höhe der aus einer bestehenden Haftpflichtversicherung zur Verfügung stehenden Versicherungssumme, es sei denn, dass der Versicherungsfall durch den Dienstgeber vorsätzlich verursacht worden ist. Das Berufungsgericht hat aber hier einen Einsatz des Traktors als ortsgebundene Kraftquelle bejaht, weil es von einer faktischen Aufhebung der Fahrbarkeit des Traktors und Betätigung der Motorkraft (nur) für den Betrieb eines Mastseilgeräts ausgegangen ist.