08.10.2024 Verfahrensrecht

OGH: Zur Zusammenrechnung nach § 55 JN

Bei gleichzeitiger objektiver und subjektiver Klagehäufung sind zwar die gehäuften Ansprüche des jeweiligen Klägers (hier: auf Unterlassung und Geldleistung) zusammenzurechnen, nicht jedoch die gehäuften Ansprüche des einen Klägers mit jenen des anderen


Schlagworte: Streitwert, Streitgegenstand, Bewertung, Zusammenrechnung, Streitgenossenschaft, Klagehäufung, Zulässigkeit, Revision, Wertzuständigkeit
Gesetze:

 

§ 55 JN, § 11 ZPO, § 500 ZPO

 

GZ 5 Ob 92/24a, 03.09.2024

 

OGH: Bilden mehrere Ansprüche den Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts können diese gemeinsam bewertet werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN für eine Zusammenrechnung erfüllt sind. Demnach sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen (und können gemeinsam bewertet werden), wenn sie 1.) von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden und in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen oder 2.) von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden, die materielle Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind. Ansprüche von und gegen formelle Streitgenossen iSd § 11 Z 2 ZPO sind hingegen nicht zusammenzurechnen, und zwar selbst dann nicht, wenn die geltend gemachten Forderungen in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen.

 

Bei gleichzeitiger objektiver (Anspruchshäufung) und subjektiver Klagehäufung (Parteienhäufung), sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs 1 Z 1 JN zwar die gehäuften Ansprüche der betreffenden Partei zusammenzurechnen, nicht jedoch diese Ansprüche mit jenen der übrigen formellen Streitgenossen. Findet keine Zusammenrechnung statt, ist die Revisionszulässigkeit für jeden einzelnen Entscheidungsgegenstand gesondert zu beurteilen.

 

Im vorliegenden Verfahren ist eine objektive und zugleich auch subjektive Klagehäufung gegeben. Die zwei Kläger machen gegenüber der Beklagten jeweils einen Unterlassungsanspruch (nach § 364 Abs 2 ABGB) und einen Geldanspruch (nach § 1325 ABGB) geltend, welche sie aus Lärmimmissionen ableiten. Die wegen einer einheitlichen Störungshandlung erhobenen Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz stehen daher in einem rechtlichen Zusammenhang. Die Werte der von jedem einzelnen Kläger erhobenen Begehren auf Unterlassung einerseits und Schadenersatz andererseits sind daher jeweils, also für jeden Kläger, nach § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen.

 

Die den einzelnen Klägern zuzuordnenden Gesamtwerte hingegen sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision iSd § 500 Abs 2 ZPO nicht zusammenzurechnen, weil keine materielle Streitgenossen nach §11 Z 1 ZPO vorliegt. Im vorliegenden Fall der gleichzeitig objektiven und subjektiven Klagehäufung sind daher zwar die gehäuften Ansprüche des jeweiligen Klägers (auf Unterlassung und Geldleistung) zusammenzurechnen, nicht jedoch die gehäuften Ansprüche des einen Klägers mit jenen des anderen.