24.09.2024 Zivilrecht

OGH: Zu Bildzitaten („Video einer Demonstration“)

Es reicht nicht aus, wenn der Nutzer eines Bildes in einem Bericht sich (nur) mit dem darauf abgebildeten Ereignis, nicht aber mit dem Werk oder mit dessen Verwendung in einem bestimmten Zusammenhang auseinandersetzt


Schlagworte: Urheberrecht, Zitierfreiheit, Bildzitat, Video, Demonstration, Verwendung, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Auseinandersetzen mit dem Inhalt, Kritik, Rezension
Gesetze:

 

§ 42f UrhG, Art 10 EMRK, Art 5 InfoRL

 

GZ 4 Ob 125/24x, 27.08.2024

 

OGH: Für die Zulässigkeit der Veröffentlichung eines Lichtbildes (auch eines Filmes) als Bildzitat - auch unter Berücksichtigung von Art 10 EMRK - ist Voraussetzung, dass das in einem Bericht wiedergegebene Werk Zitat- und Belegfunktion hat. Ein Zitat darf nicht zu dem Zweck gebraucht werden, das Werk um seiner selbst willen der Allgemeinheit zur Kenntnis zu bringen. Das bloße Anführen zur Veranschaulichung oder Illustration geht über den engen Zitatbegriff hinaus; es reicht damit nicht aus, dass die Veröffentlichung des Werkes nur dazu diente, die Berichterstattung des Nutzers zu illustrieren, um so die Aufmerksamkeit der Leser auf den Bericht zu lenken.

 

Ein nach § 42f UrhG zulässiges Zitat muss vielmehr erkennbar der Auseinandersetzung mit dem übernommenen Werk dienen, etwa als Beleg oder Hilfsmittel der eigenen Darstellung. Es muss eine innere Verbindung zwischen dem eigenen Werk und dem fremden Werk (hier: Video) hergestellt werden. Es reicht damit nicht aus, wenn der Nutzer eines Bildes in einem Bericht sich (nur) mit dem darauf abgebildeten Ereignis, nicht aber mit dem Werk oder mit dessen Verwendung in einem bestimmten Zusammenhang auseinandersetzt. Die Nutzung des zitierten Werks muss damit gegenüber den Aussagen des Nutzers akzessorischer Natur sein; das Zitat darf nicht so umfangreich sein, dass es die normale Verwertung des Lichtbildes (bzw des Videos) beeinträchtigt oder die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers ungebührlich verletzt werden. Die Zitierfreiheit darf nämlich nicht dazu führen, dass der wirtschaftliche Wert des zitierten Werks in einer ins Gewicht fallenden Weise ausgehöhlt wird.

 

Die notwendige „direkte und enge Verknüpfung“ zwischen dem Werk und dem Zitat postuliert auch Art 5 Abs 3 lit d InfoRL. Nach dem klaren Wortlaut dieser Norm können die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in Art 2 und 3 InfoRL vorgesehenen Rechte für Zitate „zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen“ vorsehen. Der Nutzer eines geschützten Werks muss damit das Ziel verfolgen, mit dem Werk zu interagieren; das Zitat muss dazu dienen, mit dem zitierten Werk in eine Art Dialog einzutreten.

 

Die Verwendung des Videos (einer Demonstration) in der Berichterstattung der Beklagten erfolgte im Anlassfall nicht ansatzweise zu diesen Zwecken; eine Interaktion mit dem Werk bzw eine direkte und enge Verknüpfung zwischen dem Werk des Klägers und den Berichten der Beklagten wurde weder behauptet noch festgestellt. Schon aus diesen Gründen kann die Werknutzung durch die Beklagte nicht auf das Zitatrecht des § 42f UrhG gestützt werden.