OGH: Zu Zulässigkeit des Rechtswegs iZm „inneren Angelegenheiten“ gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften
Welche Gründe vorliegen müssen, um die zuständigen religionsgemeinschaftlichen Behörden dazu zu veranlassen, dem Vertragslehrer die Ermächtigung wieder zu entziehen, ist eine nicht im Religionsgesetz geregelte innere Angelegenheit der Religionsgemeinschaft
§ 1 JN, § 42 JN, Art 15 StGG
GZ 18 OCg 2/24d, 20.08.2024
OGH: Art 15 StGG ordnet an, dass gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften ihre „inneren Angelegenheiten“ selbständig verwalten. Daraus folgt, dass der Rechtsweg in solchen Angelegenheiten unzulässig ist. Die Gerichte dürfen bei Streitigkeiten über innere Angelegenheiten von Religionsgemeinschaften daher nicht in die Autonomie der Religionsgemeinschaften nach Art 15 StGG eingreifen.
Zu den „inneren Angelegenheiten“ zählen jene, welche den inneren Kern der kirchlichen (bzw religionsgemeinschaftlichen) Betätigung betreffen und in denen ohne Autonomie die Religionsgesellschaften in der Verkündung der von ihnen gelehrten Heilswahrheiten und der praktischen Ausübung ihrer Glaubenssätze eingeschränkt wären, wobei den Kirchen und Religionsgemeinschaften allerdings im interkonfessionellen Bereich ebenso wie durch einzelne Verfassungsbestimmungen Einschränkungen auferlegt sind. Der sich daraus ergebende Bereich der inneren Angelegenheiten kann naturgemäß nicht erschöpfend aufgezählt werden.
Die Beauftragung zur Lehrtätigkeit gehört jedenfalls zu den inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaft. Welche Gründe vorliegen müssen, um die zuständigen religionsgemeinschaftlichen Behörden dazu zu veranlassen, dem Vertragslehrer die Ermächtigung wieder zu entziehen, ist damit eine nicht im Religionsgesetz geregelte innere Angelegenheit der Religionsgemeinschaft.
Die Unzulässigkeit des Rechtswegs ist gem § 42 Abs 1 JN auch von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen. Aus dem Begehren samt dem Klagsvorbringen ist hier abzuleiten, dass der Kläger sich gegen die Entscheidung der beklagten Glaubensgemeinschaft richtet, weil ihm dadurch die Lehrbefugnis als Religionslehrer entzogen wurde. Aus der Jud ergibt sich aber, dass dafür die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht vorliegt. Die Klage war daher nach § 42 Abs 1 JN wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen, das bisherige Verfahren als nichtig aufzuheben.