OGH: Zur Bewertung von Liegenschaften im nachehelichen Aufteilungsverfahren
Die Wertsteigerung einer Sache, die ihre Ursache allein in Investitionen oder Arbeitsleistungen nur eines der Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft hat, ist von der Aufteilung ausgenommen
§§ 81 ff EheG
GZ 1 Ob 84/24w, 24.07.2024
OGH: Bewertungsstichtag für das bei Aufhebung der Ehegemeinschaft vorhandene, der Aufteilung unterliegende Vermögen ist der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz. Wertsteigerungen, die ohne besonderes Zutun eines der beiden Ehegatten eingetreten sind, müssen berücksichtigt werden; hingegen führen Wertvermehrungen, die auf die Tätigkeit eines Ehegatten zurückzuführen sind, zu keiner Aufwertung. Davon sind bei Aufhebung der Ehegemeinschaft bestehende konnexe Schulden abzuziehen. Die Differenz ist aufzuteilen. Voreheliche Beiträge iSd § 82 Abs 1 Z 1 EheG, die in der aufzuteilenden Sache aufgegangen sind, sind wertverfolgend zu berücksichtigen. Sie sind vor Aufteilung des Vermögens von dessen Wert rechnerisch abzuziehen und dem betreffenden Ehegatten vorweg zuzuweisen. Dabei ist nicht vom seinerzeitigen Wert des Eingebrachten auszugehen, sondern darauf abzustellen, inwieweit die Leistung wertmäßig im betreffenden Vermögensgegenstand „fortwirkt“. Dies hat dergestalt zu erfolgen, dass der Wert des eingebrachten Vermögens zum Verkehrswert der damit finanzierten Sache bei deren Erwerb ins Verhältnis gesetzt und daraus die „Einbringungsquote“ ermittelt wird.
Der Verkehrswert zum Bewertungsstichtag darf allerdings nicht ohne Weiteres herangezogen werden, wenn Investitionen eines Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu einer Werterhöhung geführt haben. Vielmehr ist dann der Aufteilung der Wert der Sache zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz ohne die nach dem Aufteilungsstichtag getätigten Investitionen oder Aufwendungen des einen Ehegatten zugrunde zu legen. Das bedeutet aber auch, dass sich die Aufwertung des vorehelichen Beitrags eines Ehegatten nach diesem - fiktiven - und nicht nach dem tatsächlichen Wert richten muss. Dieser soll nämlich nur an der Wertsteigerung entsprechend seinem Beitrag überproportional partizipieren, die ohne besonderes Zutun eines der beiden Ehegatten eingetreten ist. Nur in dieser „Wertschöpfung“ wirkt sein Beitrag fort, nicht aber in der „Wertschöpfung“, die allein durch die Tätigkeit eines Ehegatten erst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft entstanden ist und die nicht der Aufteilung unterliegt. Die Wertsteigerung einer Sache, die ihre Ursache allein in Investitionen oder Arbeitsleistungen eines der Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft hat, ist von der Aufteilung ausgenommen. Der Aufteilung ist daher der fiktive Wert der Sache zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz ohne die nach dem Aufteilungsstichtag getätigten Investitionen oder Aufwendungen nur eines Ehegatten zugrunde zu legen. Auch die Aufwertung eines nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG nur einem Ehegatten zuzurechnenden Beitrags zur Wertschöpfung richtet sich nach diesem fiktiven Wert.