OGH: Zur Anwachsung nach § 14 WEG
Im Anwendungsbereich des § 14 Abs 3 S 2 WEG muss sich der Anwachsungsberechtigte die ihm ohne zu leistenden Ausgleich zu Gute kommende Anwachsung in Höhe von einem Viertel des Werts des (gesamten) Mindestanteils auf seinen Pflichtteil einrechnen lassen
§ 14 WEG, § 780 ABGB
GZ 2 Ob 123/24p, 25.07.2024
OGH: Nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG gilt beim Tod eines Partners für den Anteil des Verstorbenen - unter Ausschluss sonstigen Erwerbs von Todes wegen, aber vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung - dass der Anteil des Verstorbenen am Mindestanteil und gemeinsamen Wohnungseigentum von Gesetzes wegen unmittelbar ins Eigentum des überlebenden Partners übergeht. § 14 Abs 2 WEG verpflichtet den Erwerber dazu, der Verlassenschaft die Hälfte des Verkehrswerts (§ 2 Abs 2 LBG) des Mindestanteils zu bezahlen (Übernahmspreis). § 14 Abs 3 S 1 WEG ordnet den Entfall der Zahlungspflicht an, wenn der Erwerber ein Pflichtteilsberechtigter des Erblassers und Gegenstand des gemeinsamen Wohnungseigentums eine Wohnung ist, die dem Überlebenden zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient. Wenn aber zumindest noch ein anderer Pflichtteilsberechtigter vorhanden ist, hat der überlebende Partner gem § 14 Abs 3 S 2 WEG ein Viertel des Verkehrswerts des Mindestanteils an die Verlassenschaft zu bezahlen. Es entspricht der stRsp, dass der Erwerb kraft Gesetzes durch Anwachsung nach § 14 Abs 1 WEG bewirkt, dass der Anteil des Erblassers am Mindestanteil und gemeinsamen Wohnungseigentum wegen dieses unmittelbaren, außerbücherlichen Eigentumsübergangs nicht in die Verlassenschaftsmasse fällt. Es handelt sich bei der Anwachsung um ein wohnungseigentumsrechtliches Institut sui generis, eine Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen und nicht um eine Sondererbfolge, auf welche die erbrechtlichen Regelungen anzuwenden wären.
Die von § 14 Abs 2 WEG angeordnete Pflicht des Erwerbers, den mit der Hälfte des Verkehrswerts des (gesamten) Mindestanteils anzusetzenden Übernahmspreis an die Verlassenschaft zu zahlen, dient dem wertmäßigen Ausgleich für die Anwachsung des halben Mindestanteils und soll eine Benachteiligung der Erben, Pflichtteilsberechtigten und Gläubiger des Erblassers verhindern. Anstelle des anwachsenden halben Mindestanteils des Erblassers ist die wertmäßig gleich hohe Forderung des Nachlasses gegen den Anwachsungsberechtigten als Nachlassaktivum vorhanden. Für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche ändert sich daher nichts. Die Anwachsung der Hälfte der Eigentumswohnung ist, soweit der überlebende Wohnungseigentumspartner keinen Übernahmspreis zu zahlen hat, wie sonstige Zuwendungen auf den Todesfall in dessen allfälligen Pflichtteil gem § 780 Abs 1 ABGB analog einzurechnen. Dies bedeutet im Anwendungsbereich des § 14 Abs 3 S 2 WEG, dass der Anwachsungsberechtigte sich die ihm ohne zu leistenden Ausgleich zu Gute kommende Anwachsung in Höhe von einem Viertel des Werts des (gesamten) Mindestanteils auf seinen Pflichtteil einrechnen lassen muss.