VwGH: Entschiedene Sache; Änderung des Sachverhalts
In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand
§ 68 AVG
GZ Ra 2024/05/0011, 15.04.2024
VwGH: Soweit die Revision vermeint, das VwG sei zu Unrecht von einer entschiedenen Sache ausgegangen und damit von näher genannter Rsp des VwGH abgewichen, ist vorab festzuhalten, dass die Beurteilung, ob eine entschiedene Sache vorliegt, eine Rechtsfrage darstellt.
Gem § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gem § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. Eine derartige Änderung des Sachverhalts den Sachverhalt machen die revisionswerbenden Parteien aber nicht geltend, vielmehr ist dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien sowohl in den Verfahren vor dem VwG als auch in der Revision zu entnehmen, dass die beiden Ansuchen identisch seien.
In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand.