06.08.2024 Verfahrensrecht

OGH: Zur Fortsetzung eines wegen Insolvenzeröffnung unterbrochenen Verlassenschaftsverfahrens

Wurde das Insolvenzverfahren nach Erlassung des Einantwortungsbeschlusses eröffnet, so ist ein Fortsetzungsbeschluss selbständig anfechtbar, weil wegen der bereits (nicht rechtskräftig) erfolgten Einantwortung keine weitere anfechtbare Entscheidung in der Sache mehr ergehen kann


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Verlassenschaftsverfahren, Unterbrechung, Insolvenzverfahren, Eröffnung, Einantwortung, Fortsetzungsbeschluss, Anfechtbarkeit, Masseverwalter
Gesetze:

 

§ 8a IO, § 26 AußStrG, §§ 40 ff AußStrG, § 143 AußStrG

 

GZ 2 Ob 96/24t, 25.06.2024

 

OGH: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Verlassenschaft führt ex lege (§ 8a IO) zu einer Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens jedenfalls im hier interessierenden Umfang, nämlich in Bezug auf den bereits vor Insolvenzeröffnung erlassenen, aber nicht in Rechtskraft erwachsenen Einantwortungsbeschluss. Die Fortsetzung eines unterbrochenen Verfahrens bedarf nach § 26 Abs 3 AußStrG eines ausdrücklichen Beschlusses, der in von Amts wegen einzuleitenden Verfahren - wie dem Verlassenschaftsverfahren (§ 143 Abs 1 AußStrG) - unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen auch von Amts wegen (und nicht nur auf Antrag einer Partei) gefasst werden kann. Wird ein Fortsetzungsbeschluss gefasst, dann beginnen unterbrochene Fristen mit dessen Zustellung nach § 26 Abs 3 letzter S AußStrG neu zu laufen.

 

Der Fortsetzungsbeschluss ist als verfahrensleitender Beschluss zu qualifizieren und unterliegt damit - mangels Anwendbarkeit der Sonderregelung des § 26 Abs 4 AußStrG - den Anfechtungsbeschränkungen des § 45 Abs 2 AußStrG. Im vorliegenden Fall ist jedoch von einer selbständigen Anfechtbarkeit des Fortsetzungsbeschlusses auszugehen, weil wegen bereits (nicht rechtskräftig) erfolgter Einantwortung keine weitere anfechtbare Entscheidung in der Sache mehr ergehen kann. Diese im vorliegenden Einzelfall bestehende selbständige Anfechtbarkeit führt nach § 40 letzter S AußStrG zur Bindung des Gerichts an diesen verfahrensleitenden Beschluss.

 

Der Fortsetzungsbeschluss wurde hier mangels einer mündlichen Verkündung gem § 43 Abs 5 AußStrG mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung „für die Partei verbindlich“ und damit wirksam. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Beschluss selbständig anfechtbar ist. Auf dieser Grundlage ist hier im Hinblick auf den Einantwortungsbeschluss bereits im Zeitpunkt der Erhebung des Revisionsrekurses durch den Masseverwalter von einem insoweit unterbrochenen Verfahren auszugehen. Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist daher als während Unterbrechung des Verfahrens eingebrachtes Rechtsmittel zurückzuweisen.