OGH: Zu intransparenten „Rentenwahlklauseln“ bei Lebensversicherungen
Der Wegfall der Rentenwahlkausel in einer Lebensversicherung führt (hier) nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags zwischen den Streitteilen, weil der Versicherungsvertrag als Tilgungsträger für einen Kredit dienen sollte
§ 6 KSchG, § 879 ABGB, Art 6 Klausel-RL
GZ 7 Ob 51/24m, 19.06.2024
OGH: Der OGH hat Klauseln wie die im Vertrag der Parteien enthaltene Rentenwahlklausel in Verbandsprozessen bereits als intransparent beurteilt. Die Parteien und die Vorinstanzen gehen damit zu Recht von der Unwirksamkeit der hier vereinbarten Rentenwahlklausel aus.
Die durch die Unwirksamkeit einer - jedenfalls wie hier als gröblich benachteiligend zu beurteilenden - Klausel entstandene Lücke darf weder durch ergänzende Vertragsauslegung, noch durch Rückgriff auf dispositives Gesetzesrecht gefüllt werden, es sei denn, eine ansonsten eintretende Unwirksamkeit des gesamten Vertrags nach nationalem Recht hätte für den Verbraucher besonders nachteilige Folgen, wovon hier nicht auszugehen ist.
Ob die Streichung einer missbräuchlichen Klausel die Nichtigkeit des übrigen Vertrags zur Folge hat, ist in Art 6 Abs 1 Klausel-RL geregelt. Dieser sieht vor, dass der Vertrag für beide Parteien bindend bleibt, sofern er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann. Diese Bestimmung legt allerdings nicht selbst die Kriterien fest, nach denen ein Vertrag ohne die missbräuchlichen Klauseln fortbestehen kann, sondern überlässt es der nationalen Rechtsordnung, sie unter Beachtung des Unionsrechts festzulegen. Somit ist es Sache der Mitgliedstaaten, durch ihr nationales Recht die Bedingungen festzulegen, unter denen die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel erfolgt und die konkreten Rechtswirkungen dieser Feststellung eintreten. Eine solche Feststellung muss es jedenfalls ermöglichen, die Sach- und Rechtslage wiederherzustellen, in der sich der Verbraucher ohne diese missbräuchliche Klausel befunden hätte. Dabei ist eine objektive Prüfung vorzunehmen, unabhängig davon, ob der Verbraucher den Willen zum Ausdruck bringt, dass der Vertrag aufrechterhalten werden soll.
Der Wegfall der Rentenwahlkausel führt hier nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags zwischen den Streitteilen: Der Versicherungsvertrag sollte als Tilgungsträger für einen Kredit dienen. Der Kläger hat sich bewusst entschieden, auf die Kapitalgarantie zu verzichten und befindet sich damit in einer gänzlich anderen Lage als ein VN, auf dessen Vertrag die inkriminierte Klausel weiterhin anwendbar ist. Somit kann hier der Vertrag aus Sicht des Klägers unverändert fortbestehen, eine Veränderung des Vertrags zu seinen Lasten bewirkt der Wegfall der Klausel, die ohnehin keine ausreichenden Vorgaben zur Rentenberechnung enthalten hat, nicht.