OGH: Zur Haftung des Erwachsenenvertreters
Der Geschädigte hat nicht nur die Rechtswidrigkeit des Verhaltens sowie den Eintritt des behaupteten Schadens und dessen Höhe, sondern auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen; allein durch einen Beweisnotstand wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls ist eine Verschiebung der Beweislast nicht gerechtfertigt
§ 249 ABGB, § 277 ABGB aF, §§ 1295 ff ABGB
GZ 5 Ob 228/23z, 28.05.2024
OGH: Nach § 249 Abs 1 ABGB haftet ein Erwachsenenvertreter der vertretenen Person für jeden durch sein Verschulden verursachten Schaden. Diese Bestimmung entspricht thematisch dem vormaligen § 277 ABGB. Damit kann auch auf die Rsp zu dieser Bestimmung zurückgegriffen werden.
Bereits zu § 277 ABGB aF wurde judiziert, dass der Sachwalter (nunmehr Erwachsenenvertreter), soweit er bei Ausübung der ihm durch die gerichtliche Bestellung anvertrauten Agenden nicht in Erfüllung einer richterlichen Weisung handelt und insoweit als Organ gem § 1 Abs 2 AHG zu qualifizieren ist, für einen durch sein Verhalten verursachten Schaden persönlich nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen einzustehen hat. Der Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten ist daher nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Danach hat grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen. Auch wenn eine rechtliche Sonderverbindung besteht, wie sie hier durch die Funktion der Beklagten als gesetzliche Erwachsenenvertreterin des Klägers unzweifelhaft begründet wurde, hat nach stRsp der Geschädigte nicht nur die Rechtswidrigkeit des Verhaltens sowie den Eintritt des behaupteten Schadens und dessen Höhe, sondern auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen. Auch die Beweislast, dass bei pflichtgemäßem Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten.
Der Kläger tritt der Ansicht des Berufungsgerichts, er sei seiner Behauptungspflicht bislang nicht nachgekommen und habe daher kein schlüssiges Begehren erhoben, auch nicht entgegen, sondern zielt ausschließlich auf eine Umkehr der Beweislast ab, weil ihm nicht zuzumuten sei, die Verwendung des Geldes aus den Abhebungen vom Sparbuch des Betroffenen durch die Beklagte zu beweisen. Eine nicht auf materiell-rechtlichen Gründen beruhende Verschiebung der Beweislast ist - soweit sie nicht überhaupt abgelehnt wird - auf Ausnahmefälle beschränkt. Der OGH hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass allein durch einen Beweisnotstand wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls eine Verschiebung der Beweislast nicht gerechtfertigt ist.