01.07.2024 Verfahrensrecht

VwGH: Zur Auslegung von Verwaltungsgesetzen

Die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art 18 B-VG bewirkt einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm; dies bedeutet bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation iVm der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sog "korrigierender Auslegungsmethoden"


Schlagworte: Auslegung von Verwaltungsgesetzen, echte Lücke, Analogie
Gesetze:

 

§ 6 ABGB, § 7 ABGB, Art 18 B-VG

 

GZ Ro 2023/10/0028, 29.02.2024

 

VwGH: Eine echte bzw planwidrige Rechtslücke ist lediglich dort anzunehmen, wo das Gesetz - gemessen an der eigenen Absicht und immanenten Teleologie - unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo die Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Da das öffentliche Recht, im Besonderen das Verwaltungsrecht, schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden.

 

Zutreffend weist der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf die ständige hg Rsp hin, der zufolge die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art 18 B-VG einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm bewirkt. Dies bedeutet bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation iVm der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sog „korrigierender Auslegungsmethoden“.