11.06.2024 Zivilrecht

OGH: Zur Erfüllung fremder Verbindlichkeiten

Voraussetzung einer Klage nach § 1042 ABGB ist die Erfüllung eines Anspruchs eines bestimmten Dritten, der gegen den Beklagten besteht, mag dieser Anspruch auch öffentlich-rechtlicher Natur sein


Schlagworte: Bereicherungsrecht, Verwendungsanspruch, Geschäftsführung ohne Auftrag, Aufwand, Erfüllung fremder Forderungen, Leistung ohne Rechtsgrund, öffentlichrechtlicher Anspruch
Gesetze:

 

§ 1042 ABGB, § 741 ASVG

 

GZ 2 Ob 57/24g, 23.04.2024

 

OGH: Nach § 1042 ABGB ist der Aufwand zu ersetzen, den ein anderer nach dem Gesetze hätte machen müssen. Nur soweit die Pflicht des anderen reicht, kann Ersatz gefordert werden. Das Wesen des Anspruchs nach § 1042 ABGB ist es, dass jemand (ein anderer, der Bereicherte) aus dem Rechtsgut des Eigentümers (des Verkürzten, des Verletzten) ohne Rechtsgrund einen Vorteil zieht; der Vorteil fließt dem Berechtigten aber nicht unmittelbar, sondern durch Abnahme einer Last zu, durch eine Leistung des Verkürzten, die nach dem Gesetz der Bereicherte zu leisten hatte. § 1042 ABGB hat nur ergänzende Funktion und ist grundsätzlich nur anzuwenden, wenn weder zwischen dem Kläger und dem Beklagten noch zwischen dem Kläger und dem Dritten, an den geleistet wurde, sondern nur zwischen dem Beklagten und dem Dritten eine Rechtsbeziehung bestand, die jenen zum Aufwand verpflichtet hätte. Auf die Art des Rechtsgrundes kommt es nicht an, dieser kann auch im öffentlichen Recht begründet sein. Voraussetzung einer Klage nach § 1042 ABGB ist aber die Erfüllung eines Anspruchs eines bestimmten Dritten, der gegen den Beklagten besteht, mag dieser Anspruch auch öffentlich-rechtlicher Natur sein. Die Übernahme allgemeiner öffentlicher Pflichten, bezüglich derer kein subjektives Recht einer bestimmten Person besteht, berechtigt den Leistenden hingegen nicht zu Ersatzforderungen nach § 1042 ABGB.

 

Selbst wenn man hier - der Argumentation der klagenden Ärztekammer folgend - aus § 741 Abs 5 ASVG eine (allgemeine) Pflicht der beklagten ÖGK ableitete, sämtliche, auch bei der Klägerin aufgelaufene Lager- und Logistikkosten für Schutzausrüstung iZm der COVID-19-Pandemie zu tragen, hätte dies nicht zur Folge, dass die Beklagte verpflichtet wäre, eine Leistung gegenüber einer bestimmten dritten Person zu erbringen. Es fehlt daher an einem anspruchsberechtigten Dritten.

 

Die von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen iZm dem Umfang der Kostentragungsverpflichtung der Beklagten stellen sich daher nicht. Auch eine allfällige Anwendbarkeit des § 1042 ABGB auf zweipersonale Verhältnisse könnte den Ersatzanspruch nicht begründen, weil § 741 ASVG der Klägerin keinen subjektiven Anspruch gegenüber der Beklagten auf Durchführung der Lager- und Logistkleistungen einräumt.