OGH: Zur Kongruenz von Unterhaltsansprüchen nach § 1327 ABGB
Die subsidiär unterhaltspflichtige überlebende Kindesmutter kann die von ihr im Rahmen dieser Unterhaltspflicht allein getragenen Fixkosten aufgrund eines Übergangs analog § 1358 ABGB gegen den Schädiger geltend machen
§ 1327 ABGB, § 1358 ABGB
GZ 2 Ob 20/24s, 23.04.2024
OGH: Ansprüche nach § 1327 ABGB bilden grundsätzlich den Deckungsfonds für kongruente Leistungen von Sozialversicherungsträgern: Der Schadenersatzanspruch des Kindes gegen den Schädiger iSd § 1327 ABGB bildet einen kongruenten Deckungsfonds für die von den Sozialversicherungsträgern erbrachten Waisenpensionen. Zwischen der von der hinterbliebenen Ehegattin bezogenen Witwenpension und ihren Schadenersatzansprüchen auf Ersatz ihres Unterhaltsentgangs nach § 1327 ABGB besteht ebenfalls sachliche Kongruenz. Auf den Sozialversicherer gehen diese Ansprüche insoweit über, als dieser Leistungen zu erbringen hat (§ 332 Abs 1 S 1 ASVG). Dass ein Teil der Witwen- oder Waisenpension in einem bestimmten Ausmaß spezifisch den Fixkosten gewidmet und zugeordnet wäre, ergibt sich daraus aber nicht. Kongruenter Anspruch ist daher der gesamte Unterhaltsentgang.
Im vorliegenden Fall übersteigt der Anspruch auf Ersatz des gesamten Unterhaltsentgangs der Kinder die (bezogene) Waisenpension auch dann, wenn man die Fixkosten nur bei der überlebenden Mutter (= Erstklägerin) berücksichtigt, was die Beklagten auch nicht in Zweifel ziehen. Damit steht aber in diesem Fall die Legalzession nach § 332 ASVG der Berücksichtigung der Fixkosten bei der Mutter gerade nicht entgegen. Die Mutter wird dadurch auch nicht bereichert oder der Schädiger doppelt belastet: Die Leistung eines Unterhaltspflichtigen hat nicht den Zweck, den Schädiger zu entlasten, weshalb sich der Schädiger nicht darauf berufen kann. Es handelt sich vielmehr um eine bloße Schadensüberwälzung.
Die Ersatzpflicht nach § 1327 ABGB geht einer durch den Tod des Unterhaltspflichtigen ausgelösten subsidiären Unterhaltspflicht (hier der überlebenden Mutter) vor. Der Anspruch des Geschädigten geht damit analog § 1358 ABGB aufgrund der Leistung in deren Umfang auf den Unterhaltsschuldner über, wodurch eine bloße Schadensverlagerung bewirkt wird. Damit kommt es aber für den Schädiger im Ergebnis nicht darauf an, ob der durch den Unfall Geschädigte oder dessen Unterhaltspflichtiger den Anspruch geltend macht. Die hier subsidiär unterhaltspflichtige Mutter kann die von ihr im Rahmen dieser Unterhaltspflicht allein getragenen Fixkosten aufgrund eines Übergangs analog § 1358 ABGB gegen den Schädiger geltend machen.