OGH: Zur Bestellung eines Verlassenschaftskurators
Im Interesse einer einfachen, klaren und auch dem Verkehrsschutz dienenden Regelung ist auch dann die Kuratorbestellung erforderlich, wenn sich die Erbansprecher bei einzuleitendem Verfahren über das Erbrecht in Bezug auf eine anstehende Vertretungshandlung einig sind
§ 173 AußStrG, § 810 ABGB
GZ 2 Ob 24/24d, 21.03.2024
OGH: Gem § 810 Abs 1 ABGB kommt dem erbantrittserklärten Erben, der sein Erbrecht hinreichend ausgewiesen hat, das Recht auf die Benützung, Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft ex lege zu, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet. Mehrere - hinreichend ausgewiesene - Erben üben das Recht gemeinsam aus, soweit sie nichts anderes vereinbaren.
Nachträgliche Änderungen - wozu auch das Neuhinzukommen weiterer Erbansprecher zählt - können damit grundsätzlich auch zu einer Änderung der Vertretungsverhältnisse der Verlassenschaft führen. Es obliegt dann gem § 810 Abs 1 S 1 HS 2 ABGB dem Verlassenschaftsgericht, erforderlichenfalls anderes anzuordnen. Demgemäß sieht die Ausführungsbestimmung des § 173 Abs 1 AußStrG nicht nur bei Uneinigkeit über Vertretungshandlungen (1. F), sondern auch bei einzuleitendem Verfahren über das Erbrecht (2. F), also den Fall der Uneinigkeit über das Erbrecht, vor, dass „erforderlichenfalls“ mit der Bestellung eines Verlassenschaftskurators vorzugehen ist.
Die (partielle) Einigkeit der potentiellen Erbansprecher bedeutet nicht, dass die Bestellung eines Verlassenschaftskurators nicht erforderlich wäre. Vielmehr betonen schon die Mat, dass insoweit eine klare und einfache, wenngleich auch recht strikte Regelung vorgesehen werden sollte, weil hier Einfachheit vor Billigkeit im Einzelfall treten soll, gehe es doch um eine möglichst klare, Streitigkeiten hintanhaltende Abgrenzung auch im wesentlichen Interesse des Verkehrsschutzes. Immer dann, wenn Vertretungshandlungen iZm einem Nachlass anstehen, sind daher schon aus Gründen der Rechtssicherheit klare Vertretungsverhältnisse zu schaffen. § 173 Abs 1 AußStrG stellt gerade im Fall der Uneinigkeit der Beteiligten über das Erbrecht (2. F), bei dem von einem nicht hinreichenden Erbrechtsausweis auszugehen ist, nicht darauf ab, ob auch in Bezug auf anstehende Vertretungsmaßnahmen Uneinigkeit besteht. Im Interesse einer - von den Gesetzesmaterialien betonten - einfachen, klaren und auch dem Verkehrsschutz dienenden Regelung ist daher auch dann die Kuratorbestellung erforderlich, wenn sich die Erbansprecher bei einzuleitendem Verfahren über das Erbrecht in Bezug auf eine anstehende Vertretungshandlung einig sind. Das Entstehen von Kuratorkosten stellt kein Beurteilungskriterium dar.