28.05.2024 Zivilrecht

OGH: Kraftloserklärung einer Urkunde - Bescheinigung des Verlustes der Sparurkunde

Im Fall einer vom Aussteller mitgeteilten Einlösung und Vernichtung eines Sparbuchs kommt eine Kraftloserklärung nicht in Betracht


Schlagworte: Kraftloserklärung von Urkunden, Bescheinigung des Verlustes der Sparurkunde, Einlösung und Vernichtung durch Aussteller
Gesetze:

 

§ 1 KEG, § 3 KEG

 

GZ 5 Ob 183/23g, 22.04.2024

 

OGH: Nach den Bestimmungen des KEG können Urkunden, die abhanden gekommen oder vernichtet worden sind, für kraftlos erklärt werden. Der Beschluss über die Kraftloserklärung tritt an Stelle der abhanden gekommenen Urkunde und vermittelt demjenigen, der die Kraftloserklärung erlangt hat, jene Legitimationswirkung, welche ihm die (für kraftlos erklärte) Urkunde gegeben hätte.

 

Die Kraftloserklärung setzt voraus, dass die für kraftlos zu erklärende Urkunde dem Antragsteller „abhanden gekommen“ oder vernichtet worden ist (§ 1 Abs 1 KEG). Dies ist nur dann der Fall, wenn die Urkunde unauffindbar und ihr gegenwärtiger Inhaber nicht bekannt oder nicht erreichbar bzw die Urkunde vollständig zerstört oder maßgeblich beschädigt ist. „Abhanden gekommen“ ist eine Urkunde, wenn sie dem früheren Besitzer ohne sein Wissen und ohne sein Zutun abhanden gekommen ist. Die Unkenntnis, in wessen Händen sich die Urkunde befindet, ist dem Verlust gleichzuhalten. Befindet sich die Urkunde bei einem dem Antragsteller bekannten Dritten, dann kommt eine Kraftloserklärung allerdings nicht in Frage; diesfalls ist auf Herausgabe zu klagen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Herausgabeanspruch gegen den Dritten durchsetzbar ist, nicht aber wenn der Antragsteller bescheinigt, dass dies nicht der Fall ist. Im Fall einer vom Aussteller mitgeteilten Einlösung und Vernichtung eines Sparbuchs kommt eine Kraftloserklärung hingegen nicht in Betracht.

 

Der Antragsteller hat den Verlust der Urkunde sowie die Tatsachen glaubhaft zu machen, von denen seine Berechtigung zur Antragstellung abhängt (§ 3 Abs 2 KEG). Das Rekursgericht kam nach einer eingehenden Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Parteien, den jeweiligen Tatsachenbehauptungen und den vorgelegten Urkunden – wie schon das Erstgericht – zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller die in § 3 Abs 2 Z 2 KEG geforderte Bescheinigung des Verlustes der Sparurkunde nicht erbracht habe. Der Antragsteller habe nicht ausreichend bescheinigt, dass das für kraftlos zu erklärende Sparbuch „noch vorhanden“ sei, dem Antragsteller aber iSd § 1 Abs 1 KEG „abhanden gekommen“ oder vernichtet worden sei. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass das Sparbuch zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens nach Auszahlung durch die verpflichtete Bank bereits aufgelöst und aus diesem Grund nicht (mehr) existent gewesen sei. Die Auflösung des Inhabersparbuchs falle nicht unter die Begriffe des Abhandenkommens oder des Zerstörens/maßgeblichen Beschädigens.

 

Mit den Ausführungen zu der im Revisionsrekurs zur Begründung seiner Zulässigkeit aufgeworfenen Frage des Beweismaßes für die Glaubhaftmachung des Verlustes unternimmt der Antragsteller inhaltlich den – unzulässigen – Versuch, diese Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen. Der OGH ist nicht Tatsacheninstanz und Fragen der Beweiswürdigung sind nicht revisibel. Auch diese Rechtsmittelbeschränkung kann nicht dadurch umgangen werden, dass ein unerwünschtes Ergebnis der Beweiswürdigung als Mangel des Verfahrens releviert wird.