21.05.2024 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Verweigerung der Kurzarbeitsbeihilfe durch das AMS

Auch die Festlegung des Förderungszwecks selbst und die nach dieser Zielsetzung erfolgte Eingrenzung des Berechtigtenkreises in den Förderungsrichtlinien muss dem Sachlichkeitsgebot entsprechen


Schlagworte: Amtshaftungsrecht, Schadenersatzrecht, Fiskalgeltung der Grundrechte, Förderungen, Subventionen, Gleichheitsgrundsatz, Sachlichkeitsgebot, Kurzarbeitsbeihilfe, AMS
Gesetze:

 

§ 1 AHG, §§ 1295 ff ABGB, § 37b AMSG

 

GZ 1 Ob 30/24d, 08.04.2024

 

OGH: Die Voraussetzungen, unter denen Kurzarbeitsbeihilfen beansprucht werden können, sind in § 37b AMSG und den Sozialpartnervereinbarungen geregelt. Nach § 37b Abs 3 AMSG dient die Kurzarbeitsbeihilfe dem teilweisen Ersatz der zusätzlichen Aufwendungen für die Kurzarbeitsunterstützung sowie für die Beiträge zur Sozialversicherung und zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge. Es handelt sich dabei um eine Beihilfe iSd § 34 AMSG. Nach § 34 Abs 3 AMSG besteht auf Beihilfen „kein Rechtsanspruch“. Dies begegnet aus Sicht des OGH per se (noch) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Bestimmungen zur Kurzarbeitsbeihilfe werden durch die auf Basis von § 37b Abs 4 AMSG erlassene KUA-RL ergänzt bzw näher ausgeführt. Die KUA-RL enthält die inhaltlichen Regelungen für die Beihilfengewährung sowie Verfahrensbestimmungen. Wird Kurzarbeitsbeihilfe gewährt, kommt ein Förderungsvertrag zustande.

 

Auf die Gewährung einer Subvention besteht vor Abschluss des Förderungsvertrags im Allgemeinen kein Rechtsanspruch. Dennoch kommt dem Förderungswerber aufgrund der Fiskalgeltung der Grundrechte unter gewissen Voraussetzungen ein klagbarer Leistungsanspruch gegen den Staat zu: Die öffentliche Hand steht nach stRsp auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter weitgehenden Anforderungen der Grundrechte und des aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebots. Dieser Grundrechtsbindung via Fiskalgeltung unterliegt wegen ihrer ausschließlich staatlichen Trägerstruktur auch das AMS als privatrechtlich agierende Körperschaft (Unternehmung) öffentlichen Rechts.

 

Die Bindung an den Gleichheitsgrundsatz bei privatrechtlicher Subventionsvergabe zwingt den mit der Verteilung betrauten Rechtsträger nicht nur dazu, die Subvention ohne unsachliche Differenzierung, also grundsätzlich bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen, zu gewähren. Auch die Festlegung des Förderungszwecks selbst und die nach dieser Zielsetzung erfolgte Eingrenzung des Berechtigtenkreises in den Förderungsrichtlinien muss dem Sachlichkeitsgebot entsprechen. Daher ist eine Gebietskörperschaft, die sich in einem Selbstbindungsgesetz zur Leistung unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet hat, grundsätzlich verpflichtet, diese Leistung jedermann, der die Voraussetzungen erfüllt, zu erbringen. Auf eine solche Leistung besteht insoweit ein klagbarer Anspruch. Auch wenn einzelne Voraussetzungen nicht erfüllt sein sollten, könnte der Gleichheitssatz einen solchen Anspruch gebieten, wenn die KUA-RL unsachliche Förderkriterien vorsehen würden.