21.05.2024 Zivilrecht

OGH: § 231 ABGG – zur Frage, in welchem Jahr bzw welchen Jahren eine Nachzahlung für nicht berücksichtigte Vordienstzeiten bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen ist

Erhält der Unterhaltspflichtige von seinem Dienstgeber eine Nachzahlung wegen nicht angerechneter Vordienstzeiten ist es vertretbar, diese Zahlung nur der Bemessungsgrundlage des Jahres des Erhalts zuzuschlagen, auch wenn der Nachzahlungsgrund mehrere Jahre zurückliegt


Schlagworte: Familienrecht, Kindesunterhalt, Nachzahlung für nicht berücksichtige Vordienstzeiten, Bemessungsgrundlage
Gesetze:

 

§ 231 ABGB

 

GZ 4 Ob 22/24z, 20.02.2024

 

OGH: Nach stRsp ist für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit in erster Linie die sich aus dem Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben vom Einkommen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel, maßgeblich.

 

An diesen Grundsatz anknüpfend wurde bereits mehrfach ausgesprochen, dass dem Unterhaltsschuldner etwa zugeflossene Steuergutschriften seine Leistungsfähigkeit in dem Jahr erhöhen, in dem sie ihm zugeflossen sind, weshalb diese Einkommensbestandteile auf dieses Jahr aufzuteilen sind, auch wenn die Grundlage der Zahlung sich auf einen früheren Zeitraum bezieht.

 

Es bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung, wenn das Rekursgericht diese Jud auch auf den hier zu beurteilenden Einzelfall einer Nachzahlung wegen nicht angerechneter Vordienstzeiten angewandt hat, steht dies doch mit dem oben referierten allgemeinen Grundsatz im Einklang, dass die Bemessungsgrundlage für den Unterhalt stets die tatsächliche wirtschaftliche Lage sein soll.

 

Insoweit sich der Vater auf die Rsp zur Abfertigung beruft, zeigt er damit keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil dieser Jud zum einen eine zukunftsorientierte Berechnung zugrundeliegt, während im Anlassfall eine Nachzahlung zu beurteilen war. Zum anderen kommt es bei der Aufteilung einmaliger Zahlungen (bzw größerer Nachzahlungen) stets auf die Umstände des Einzelfalls an, was die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses grundsätzlich ausschließt.

 

Auch in jenen Fällen, bei denen Nachzahlungen einen bestimmten Zeitraum betrafen, bezog sich der OGH nicht auf diesen Zeitraum, sondern sprach aus, dass bei der Aufteilung der Nachzahlung auf den Einzelfall abzustellen ist.

 

Die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufteilung der Nachzahlung auf zwölf Monate erweckt keine Bedenken, zumal sogar im vom Vater herangezogenen Bereich der Abfertigung die Verteilung „schlechthin auf ein Jahr“ gerechtfertigt sein kann.

 

Nach 6 Ob 97/00h darf die schlechte Zahlungsmoral des Schuldners einer unterhaltspflichtigen Person nicht zu Lasten des unterhaltsberechtigten Kindes gehen. Die E 3 Ob 74/03h verneint eine Aufteilung nachträglicher Zahlungen auf einen solchen Zeitraum, dass die Unterhaltspflicht überhaupt entfällt. Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen dieser Rsp.

 

Gerade die im Anlassfall vom Vater favorisierte Aufteilung der Nachzahlung auf die Zeit ab 2016 wäre für das Kind ua wegen der insoweit eingetretenen Verjährung massiv nachteilig, sodass sich – entgegen der Jud – der Irrtum oder die Nachlässigkeit des Dienstgebers des Vaters zu Lasten des Kindes auswirken würde, weil dieses dann insoweit am höheren Einkommen des Vaters nicht (mehr) teilhaben könnte.