14.05.2024 Zivilrecht

OGH: Zur Vinkulierung der Feuerversicherung im Erwachsenenschutzverfahren

Die Behauptung, dass eine Anordnung des Pflegschaftsgerichts an einen Versicherer in die Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft als VN eingreift, begründet die Rekurslegitimation der Eigentümergemeinschaft


Schlagworte: Erwachsenenschutzrecht, Wohnungseigentumsrecht, Sicherung des Vermögens, Feuerversicherung, Sperre, Vinkulierung, Versicherung für fremde Rechnung
Gesetze:

 

§ 2 WEG, § 28 WEG, §§ 74 ff VersVG, § 133 AußStrG

 

GZ 1 Ob 3/24h, 08.04.2024

 

OGH: Nach § 133 AußStrG hat das Gericht, wenn ein Erwachsenenvertreter bestellt ist, die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Vermögenswerte des Pflegebefohlenen zu setzen und diesen bei der Verwaltung des Vermögens in geeigneter Form zu überwachen, die Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der von ihm vorgenommenen oder beabsichtigten Rechtshandlungen zu prüfen und ihm erforderlichenfalls bindende Weisungen zu erteilen. Verfügt der Betroffene über Vermögen, kann das Gericht auf dieser Grundlage Sicherungsmaßnahmen treffen, die auch in bestehende Verträge eingreifen können. Solche Anordnungen sind dann, wie generell im Verfahren außer Streit ergangene Entscheidungen, der materiellen und formellen Rechtskraft fähig und binden sowohl die Betroffenen als auch die Gerichte.

 

Hier verfügte das Erstgericht eine Sperre des Versicherungsscheins für die Eigentumswohnung der Betroffenen derart, dass weder eine Vertragskündigung, Minderung der Versicherungssumme oder Auszahlung ohne gerichtliche Zustimmung erfolgen kann, und verpflichtet den Versicherer zur Meldung von Prämienrückständen. Ist der Pflegebefohlene Alleineigentümer des versicherten Objekts und (daher) auch VN, betrifft eine solche Sicherungsmaßnahme ausschließlich seine Sphäre als Vertragspartner des Versicherers. Anders verhält es sich aber dann, wenn - wie hier - eine Gebäudeversicherung für eine im Mit- und Wohnungseigentum stehende Liegenschaft zu beurteilen ist:

 

Hier ist die Eigentümergemeinschaft als VN die Vertragspartnerin des Versicherers. Ihr kommt das formelle Verfügungsrecht über die sachlich dem Versicherten zustehende Forderung zu. Demgegenüber kann die Betroffene als (mit-)versicherte Wohnungseigentümerin bei einer Versicherung für fremde Rechnung iSd §§ 74 ff VersVG grundsätzlich nicht über die Rechte aus dem Vertrag verfügen. Die auf den Versicherungsvertrag bezogenen Aufträge an den Versicherer greifen unmittelbar in Rechte der Eigentümergemeinschaft als Vertragspartner des Versicherers ein. Insbesondere verhinderten sie eine im Rahmen der ordentlichen Verwaltung auch ohne Zustimmung der Betroffenen mögliche Änderung des Vertrags oder die mit einem Neuabschluss bei einem anderen Versicherer verbundene Kündigung dieses Vertrags. Die Behauptung, dass eine Anordnung des Pflegschaftsgerichts an einen Versicherer in die Rechte der Eigentümergemeinschaft als VN eingreift, begründet daher die Rekurslegitimation der Eigentümergemeinschaft.