30.04.2024 Zivilrecht

OGH: Vertraglicher Gewährleistungsverzicht iZm Durchmorschung der Kfz-Bodenplatte

Es stellt auf Basis der getroffenen Feststellungen keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar, wenn das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, der vom Gewährleistungsausschluss nicht erfasste Mangel der Verkehrs- und Betriebssicherheit (iZm der Bodenplatte) sei bereits im Zeitpunkt der Übergabe angelegt gewesen


Schlagworte: Gewährleistung, vertraglicher Gewährleistungsverzicht, gebrauchtes Kfz, Durchmorschung der Bodenplatte, Verkehrs- und Betriebssicherheit
Gesetze:

 

§§ 922 ff ABGB, §§ 914 f ABGB, § 863 ABGB, § 929 ABGB

 

GZ 2 Ob 243/23h, 21.03.2024

 

OGH: Die Reichweite eines vertraglichen Gewährleistungsverzichts ist grundsätzlich durch Auslegung im Einzelfall (§§ 914 f ABGB) nach der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs zu ermitteln. Dabei ist nicht nur am Wortlaut der Vereinbarung zu haften, sondern es sind auch alle ihren Abschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Im Zweifel sind Verzichtserklärungen restriktiv auszulegen. Nach der höchstgerichtlichen Rsp erstreckt sich deshalb ein vertraglicher Gewährleistungsverzicht (ua) nicht auf das Fehlen – auch bloß schlüssig – zugesicherter Eigenschaften. Bei Kauf eines Gebrauchtwagens gilt im Allgemeinen die Fahrbereitschaft sowie die Verkehrs- und Betriebssicherheit als vereinbart.

 

Nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls kann beurteilt werden, ob eine (schlüssige) Zusage vorliegt oder nicht, weshalb insoweit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO grundsätzlich nicht gegeben sind. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht, das von einer Zusicherung der Verkehrs- und Betriebssicherheit zumindest im Hinblick auf den Zustand der Bodenplatte ausgegangen ist, zeigt der Beklagte in der Revision nicht auf.

 

Eine Leistung ist nur dann mangelhaft iSd § 922 ABGB, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, dh dem Vertragsinhalt, zurückbleibt. Die Beweislast dafür, dass die übergebene Sache überhaupt mangelhaft ist, trägt der Übernehmer der Sache. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe. Nach der Rsp genügt es aber gerade bei geheimen Mängeln, wenn der Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt bereits latent, also seiner Anlage nach, vorhanden war (9 Ob 3/09w [bei Übergabe lockerer Befestigungsbolzen führt zu Zahnriemenriss]; vgl 5 Ob 193/21z [Längung der Steuerkette zum Zeitpunkt der Übergabe führt zu Motorschaden]).

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt es auf Basis der getroffenen Feststellungen keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar, wenn das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, der vom Gewährleistungsausschluss nicht erfasste Mangel der Verkehrs- und Betriebssicherheit (iZm der Bodenplatte) sei bereits im Zeitpunkt der Übergabe im September 2020 angelegt gewesen. Entscheidungsrelevante Beweislastfragen sind damit nicht zu beantworten.