02.04.2024 Verfahrensrecht

OGH: Zur Nebenintervention

Es reicht aus, wenn der Nebenintervenient einen zu befürchtenden Rückgriff plausibel darstellen kann; die denkbaren rechtlichen Schritte in einem drohenden Regressprozess sind vom Nebenintervenienten nicht im Einzelnen konkret darzustellen


Schlagworte: Nebenintervention, Nebenintervenient, Beitritt, Zulässigkeit, rechtliches Interesse, Regress, Rückgriff, Haftung, plausibles Tatsachenvorbringen, Schlüssigkeit
Gesetze:

 

§§ 17 f ZPO

 

GZ 4 Ob 209/23y, 20.02.2024

 

OGH: Nach § 18 Abs 1 ZPO hat der Nebenintervenient das Interesse, das er am Obsiegen einer Prozesspartei hat, bestimmt anzugeben. Die Zulässigkeit der Nebenintervention darf daher nicht aus anderen als den vom Nebenintervenienten zum Beitritt vorgebrachten Tatsachen abgeleitet werden; es ist nicht zulässig, über die Erklärung des Nebenintervenienten hinausgehende Tatsachen und Rechtsüberlegungen der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

Ein rechtliches Interesse hat der Nebenintervenient dann, wenn die Entscheidung unmittelbar oder mittelbar auf seine privat- oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse rechtlich günstig oder ungünstig einwirkt; es muss allerdings ein in der Rechtsordnung gegründetes und von ihr gebilligtes Interesse sein, das über das bloß wirtschaftliche Interesse hinausgeht. Ein rechtliches Interesse ist insbesondere im Falle drohender Regressnahme in einem Folgeprozess als Folge des Prozessverlusts der streitverkündenden Partei im Hauptprozess zu bejahen, während das Interesse an einer bestimmten Beweislage und / oder an der Lösung von Rechtsfragen in einem Musterprozess nur wirtschaftliche Interessen berührt und daher eine Nebenintervention nicht rechtfertigt.

 

Es reicht aus, wenn der Nebenintervenient einen zu befürchtenden Rückgriff plausibel darstellen kann. Die denkbaren rechtlichen Schritte in einem drohenden Regressprozess sind vom Nebenintervenienten nicht im Einzelnen konkret darzustellen. Bei mehrfachen diesbezüglichen Ankündigungen kann an der ernsthaften Möglichkeit, dass solche Ansprüche erhoben werden, kein Zweifel bestehen.

 

Bei der Beurteilung, ob ein solches rechtliches Interesse besteht, ist allerdings generell kein strenger Maßstab anzulegen; es genügt, dass der Streit die Rechtssphäre des Nebenintervenienten berührt und sich daraus ein rechtlich begründeter Anlass ergibt, das Obsiegen einer Partei herbeizuführen. Im Allgemeinen wird ein rechtliches Interesse dann gegeben sein, wenn durch das Obsiegen der Hauptpartei die Rechtslage des Dritten verbessert oder durch deren Unterliegen verschlechtert wird. Ein rechtliches Interesse ist nicht erst dann gegeben, wenn der Nebenintervenient gleichsam die eigene Haftung im Verhältnis zu einer Hauptpartei zugesteht. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Nebenintervenient die Umstände, auf welche die Hauptpartei den angedrohten Regress stützt, zur Begründung seines rechtlichen Interesses am Beitritt anspricht.