26.03.2024 Zivilrecht

OGH: Zu in den Grenzkataster eingetragenen Grundstücken

Die Unzulässigkeit der Ersitzung des Eigentums an Teilen eines im Grenzkataster enthaltenen Grundstücks nach § 50 VermG steht der Ersitzung einer bloßen Dienstbarkeit nicht entgegen


Schlagworte: Grundstück, Eintragung, Grenzkataster, Erwerbsbeschränkung, Ersitzung, Eigentumserwerb, Grundstücksteil, Verschiebung der Grenze, Unzulässigkeit, Dienstbarkeit, Servitut
Gesetze:

 

§§ 49 f VermG, §§ 472 ff ABGB, §§ 1460 ff ABGB

 

GZ 5 Ob 102/23w, 26.02.2024

 

OGH: Die besondere Bedeutung des Grenzkatasters liegt nach dem klaren Wortlaut des VermG darin, dass er zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke bestimmt ist (§ 8 Z 1 VermG) und ein auf die in der Natur ersichtlichen Grenzen eines Grundstücks gegründeter Anspruch demjenigen nicht mehr entgegengesetzt werden kann, der ein Recht im Vertrauen auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen erworben hat (§ 49 VermG). Nach § 50 VermG ist daher auch die Ersitzung von Teilen eines im Grenzkataster enthaltenen Grundstücks ausgeschlossen. Der Gesetzeszweck der §§ 49 f VermG ist es, die Grundstücksgrenzen der im Grenzkataster eingetragenen Liegenschaften zu perpetuieren.

 

Die Erwerbsbeschränkung des § 50 VermG soll die Verschiebung von Eigentumsgrenzen im Weg der Ersitzung verhindern. Die Ersitzung einer Dienstbarkeit lässt die Grenzen der betroffenen Grundstücke und den idS verstandenen Umfang des Eigentumsrechts von vornherein unangetastet, sodass diese Bestimmung diesem Rechtserwerb weder ihrem Wortlaut nach noch ihrem Regelungszweck nach entgegensteht. Dieses einschränkende Verständnis seines Anwendungsbereichs steht auch im Einklang damit, dass § 50 VermG nach hA (selbst) andere Formen des außerbücherlichen Eigentumserwerbs an Teilen einer Liegenschaft, insbesondere jenen durch Bauführung iSd § 418 S 3 ABGB, nicht ausschließt.

 

Die Unzulässigkeit der Ersitzung des Eigentums an Teilen eines im Grenzkataster enthaltenen Grundstücks nach § 50 VermG steht demnach der Ersitzung einer bloßen Dienstbarkeit nicht entgegen, dies unabhängig von der inhaltlichen und zeitlichen Dimension der Dienstbarkeit.