VwGH: Arbeitsfähigkeit iSd § 8 AlVG
Vor dem Hintergrund der aus einer Weigerung, einer Anordnung nach § 8 AlVG zur ärztlichen Untersuchung Folge zu leisten, sich ergebenden Sanktion (Anspruchsverlust gem § 8 Abs 2 letzter Satz AlVG) erscheint es grundsätzlich zweckmäßig, dass der Auftrag zur Untersuchung bzw die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zunächst - unbeschadet der allfälligen Notwendigkeit ergänzender Ermittlungen in einem (weiteren) Beschwerdeverfahren vor dem VwG - durch das AMS selbst im Zuge einer Überprüfung nach § 8 AlVG erfolgt
§ 8 AlVG, § 28 VwGVG
GZ Ra 2023/08/0159, 22.01.2024
VwGH: Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG bringt das AMS vor, dass das VwG von der Rsp des VwGH abgewichen sei. Das AMS habe sich mit der Frage der Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung nur dann näher zu befassen, wenn die Tätigkeit besondere körperliche oder fachliche Fähigkeiten erfordere, die nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden könnten oder wenn die Partei die Unzumutbarkeit der zugewiesenen Arbeitsstelle ganz konkret behaupte; insofern bestehe eine besondere Mitwirkungspflicht der Arbeitslosen.
Eine solche konkrete Behauptung der Unzumutbarkeit der Beschäftigung ist im vorliegenden Fall aber erfolgt, indem der Mitbeteiligte dem AMS detailliert seine gesundheitlichen Einschränkungen schilderte. Davon, dass diese für die zugewiesene Beschäftigung von vornherein nicht relevant waren bzw dass dem Mitbeteiligten bei einem anderen Verlauf des Vorstellungsgesprächs vom potentiellen Dienstgeber passende Einsatzbereiche hätten zugewiesen werden können, ist auch das AMS nicht ausgegangen. Nachdem der Mitbeteiligte der Aufforderung zur Vorlage von Befunden nicht nachgekommen war, wäre es im amtswegigen Ermittlungsverfahren daher Aufgabe des AMS gewesen, ihn gem § 8 Abs 2 AlVG zu einer ärztlichen Untersuchung zuzuweisen.
Es trifft zwar zu, dass - wie das AMS in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiter ausführt - allein die Notwendigkeit der Einholung eines (weiteren) Gutachtens im Allgemeinen nicht die Behebung und Zurückverweisung gem § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG rechtfertigt. Die Überprüfung der Arbeitsfähigkeit ist aber eine in § 8 AlVG eigens geregelte Aufgabe des AMS. Dabei geht es idR - auch wenn Anlass der Überprüfung so wie hier die Frage der gesundheitlichen Eignung für eine konkrete Beschäftigung sein mag - auch um die Feststellung, ob bzw in welchem Umfang die Arbeitsfähigkeit generell (noch) gegeben ist. Im Hinblick darauf und auch vor dem Hintergrund der aus einer Weigerung, einer Anordnung nach § 8 AlVG zur ärztlichen Untersuchung Folge zu leisten, sich ergebenden Sanktion (Anspruchsverlust gem § 8 Abs 2 letzter Satz AlVG) erscheint es grundsätzlich zweckmäßig, dass der Auftrag zur Untersuchung bzw die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zunächst - unbeschadet der allfälligen Notwendigkeit ergänzender Ermittlungen in einem (weiteren) Beschwerdeverfahren vor dem VwG - durch das AMS selbst im Zuge einer Überprüfung nach § 8 AlVG erfolgt.
Es war daher im vorliegenden Fall, in dem sich das Erfordernis, die Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung zu erheben, bereits aus den Angaben des Mitbeteiligten im Verfahren des AMS ergab, nicht unvertretbar, dass das VwG nicht iSd § 28 Abs 2 VwGVG angenommen hat, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das VwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden war, sondern mit einer Behebung und Zurückverweisung gem § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG vorgegangen ist.