12.03.2024 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur „Abzugsteuer“ bei der Arbeitskräfteüberlassung

Gegenüber einem ausländischen Gesteller von Arbeitskräften tritt eine unmittelbare Schuldtilgung nur insoweit eintritt, als der Schuldner der Einkünfte (also der Beschäftiger) die 20%ige Abzugssteuer im Rahmen der Auszahlung des (restlichen) Entgelts einbehält und an das Finanzamt abführt


Schlagworte: Arbeitskräfteüberlassung, ausländischer Überlasser, Überlassungsentgelt, Einkommensteuer, Abzugsteuer, Einbehalt, Abfuhr, Finanzamt, Haftung, Beschäftiger, Regressanspruch
Gesetze:

 

§ 98 ff EStG, § 1358 ABGB

 

GZ 3 Ob 230/23d, 31.01.2024

 

OGH: Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung unterliegen auch dann der beschränkten Einkommensteuerpflicht, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird (§ 98 EStG). Gem § 99 Abs 1 Z 5 EStG wird ua bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer). Gem § 100 Abs 2 EStG ist Schuldner der Abzugsteuer der Empfänger der Einkünfte gem § 99 Abs 1, während der Schuldner dieser Einkünfte für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge iSd § 99 EStG haftet. Der Steuerabzug ist gem § 100 Abs 4 Z 1 EStG vom Schuldner ua bei Einkünften iSd § 99 Abs 1 Z 5 in jenem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem sie dem Empfänger zufließen. Dem Empfänger der Einkünfte ist die Abzugsteuer gem § 100 Abs 3 EStG nur ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn 1. der Schuldner die geschuldeten Beträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nach Abs 2 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre oder 2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Abzugsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

 

Die Haftung des Steuerschuldners sowie des dafür Haftenden ist in dieser Konstellation also ähnlich geregelt wie im Bereich der Lohnsteuer (§§ 82, 83 EStG) und der KESt (§§ 93 ff EStG). Der Arbeitgeber, von dem Nachzahlungen der Lohnsteuer eingefordert werden, ist befugt, vom Arbeitnehmer den Ersatz der bezahlten Schuld gem § 1358 ABGB zu fordern; auch der Bank wird für den Fall einer Nachforderung von KESt ein aus § 1358 ABGB erfließendes Regressrecht gegen den Anleger als Steuerschuldner zuerkannt.

 

Daraus ergibt sich eindeutig. dass eine unmittelbare Schuldtilgung nur insoweit eintritt, als der Schuldner der Einkünfte (hier also der beklagte Beschäftiger) die 20%ige Abzugssteuer im Rahmen der Auszahlung des (restlichen) Entgelts einbehält und an das Finanzamt abführt.

 

Tatsächlich hat hier der Beklagte allerdings das für die Überlassung der Arbeitskräfte jeweils in Rechnung gestellte Entgelt zur Gänze - also ohne Abzug der 20%igen Steuer - an die Überlasserin gezahlt. In dieser Konstellation könnte ihm aber für den Fall, dass er, wie es seinem Rechtsstandpunkt entspricht, zur Abfuhr der Abzugsteuer verpflichtet gewesen wäre, im Ausmaß der nachträglich an das Finanzamt gezahlten Abzugsteuer lediglich ein Regressanspruch gegen die Klägerin zustehen.