VwGH: Festnahme nach § 40 BFA-VG
Rechtswidrigkeit einer auf § 40 BFA-VG gestützten Festnahme bzw Anhaltung kann vorliegen, wenn die festgenommene Person entgegen der im Einklang mit den Verfassungsbestimmungen des Art 4 Abs 6 PersFrG und des Art 5 Abs 2 EMRK stehenden Anordnung des § 41 Abs 1 BFA-VG nicht ehestens in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe der Anhaltung informiert wurde
§ 40 BFA-VG, § 41 BFA-VG, § 34 BFA-VG, Art 5 EMRK, Art 4 PersFrG
GZ Ra 2023/21/0091, 13.12.2023
VwGH: Das VwG ist der Rechtsauffassung, dass die seiner Ansicht zufolge gegebene Verletzung der Verpflichtung nach § 34 Abs 6 BFA-VG die Rechtswidrigkeit der Anhaltung ab dem von ihm angenommenen Zeitpunkt (nach der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses wäre fallbezogen eine Übermittlung bis Mitternacht des 8. April 2023 möglich und geboten gewesen) bewirke. Dabei stützte sich das VwG auch auf näher genannte Rsp des VwGH und des VfGH, wonach eine Verletzung von Informationspflichten gegenüber einer festgenommenen Person zur Rechtswidrigkeit der Festnahme (und Anhaltung) führe.
Der VwGH hat - unter Berücksichtigung der Rsp des VfGH - festgehalten, dass Rechtswidrigkeit einer auf § 40 BFA-VG gestützten Festnahme bzw Anhaltung vorliegen kann, wenn die festgenommene Person entgegen der im Einklang mit den Verfassungsbestimmungen des Art 4 Abs 6 PersFrG und des Art 5 Abs 2 EMRK stehenden Anordnung des § 41 Abs 1 BFA-VG nicht ehestens in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe der Anhaltung informiert wurde.
Fallgegenständlich lag eine die Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung begründende Verletzung der genannten Informationspflichten gegenüber der Mitbeteiligten aber nicht vor. So wurde die Mitbeteiligte nach den - nicht bestrittenen - Feststellungen des VwG noch im Zuge der Festnahme über die Gründe der Festnahme unterrichtet, indem ihr eine Information über die bevorstehende Abschiebung in türkischer Sprache ausgehändigt wurde. Nach dem Inhalt der dem VwGH vorgelegten Akten wurde - was das VwG unbeachtet ließ - überdies aber auch ihre rechtliche Vertreterin von den einschreitenden Sicherheitsorganen unmittelbar nach der Festnahme telefonisch über den Grund ihres Einschreitens informiert. Dass damit die notwendigen Informationen gefehlt hätten, um effektiven Rechtsschutz gegen die Festnahme zu erlangen, ist nicht zu sehen, zumal die Rechtsvertreterin der Mitbeteiligten auch in der Lage war, noch am selben Tag eine Maßnahmenbeschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung - ua mit der Behauptung der Unzulässigkeit der Abschiebung – einzubringen.
Fallbezogen ist vor dem Hintergrund des Inhaltes des Festnahmeauftrages, der im Wesentlichen nur die angewendete Gesetzesbestimmung des § 34 Abs 3 Z 3 BFA-VG und die Angabe, dass die Festnahme zum Zwecke der Abschiebung erfolge, enthält, somit nicht erkennbar, welchen maßgeblichen Informationsgewinn die Übermittlung einer Kopie des Festnahmeauftrages für die Mitbeteiligte gehabt hätte. Denn - wie erwähnt - wurden die Mitbeteiligte bzw ihre Vertreterin bei bzw unmittelbar nach der Festnahme über diese Umstände ohnehin unterrichtet.
Die Begründung des VwG, wonach die von ihm angenommene Verletzung der Verpflichtung nach § 34 Abs 6 BFA-VG die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung bewirkt habe, weil der Mitbeteiligten eine maßgebliche „Informationsquelle“ vorenthalten worden sei, ist somit nicht tragfähig.