OGH: Zur Schlüssigkeit einer Klage auf Verdienstentgang
Der Geschädigte hat zu behaupten und zu beweisen, dass und wie er seine Arbeitskraft ohne den Unfall und dessen Folgen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eingesetzt hätte
§ 226 ZPO, § 1325 ABGB
GZ 2 Ob 251/23k, 23.01.2024
OGH: Verdienstentgang iSd § 1325 ABGB ist der aus der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Verletzten resultierende Einkommensverlust. Welches Einkommen der Geschädigte bei Ausnützung seiner Erwerbsfähigkeit ohne die Unfallfolgen erzielt hätte, kann nur auf Grund hypothetischer Feststellungen über einen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Geschehensablauf beurteilt werden. Der Geschädigte hat auch dann Anspruch auf Ersatz eines Verdienstentgangs, wenn er zum Zeitpunkt des Unfalls (noch) nicht im Erwerbsleben stand, wenn aber angenommen werden muss, dass er Erwerb gesucht und gefunden hätte. Es kommt dafür einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Verletzten (seinen allgemeinen Gesundheitszustand, seine Interessen an einer beruflichen Tätigkeit und Eignung dazu), andererseits auf die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt an. Der Verdienstentgang ist dabei durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei welcher der hypothetische Vermögensstand ohne schädigendes Ereignis mit dem tatsächlich nach dem schädigenden Ereignis gegebenen verglichen wird.
Der Geschädigte hat zu behaupten und zu beweisen, dass und wie er seine Arbeitskraft ohne den Unfall und dessen Folgen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eingesetzt hätte. Die bloße Behauptung, die Differenz zwischen dem tatsächlichen Einkommen nach dem Unfall und dem Arbeitserwerb, den der Kläger ohne Unfall bei Ausnützung seiner Erwerbstätigkeit nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erzielt hätte, mache zumindest den Klagsbetrag aus, setzt sich mit den von der Rsp entwickelten Grundsätzen zur Schlüssigkeit einer Klage nicht auseinander. Demnach verlangt § 226 Abs 1 ZPO nicht nur ein bestimmtes Klagebegehren, sondern auch die Angabe von Tatsachen, auf welche sich der Anspruch gründet; der Kläger muss also jene Tatsachen knapp und vollständig vorbringen, aus denen sich die begehrte Rechtsfolge ableiten lässt. Die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs setzt daher die ausreichende Konkretisierung und Begründung des eingetretenen Schadens und der Schadenshöhe voraus.