OGH: Zur Frage, ob von einem Unternehmer angeschaffte, iSd § 10 EStG begünstigte Wertpapiere gem § 82 Abs 1 Z 3 EheG bis zu einer ausdrücklichen oder schlüssigen Umwidmung zum Unternehmen gehören
Richtig ist zwar, dass die Kosten für die Anschaffung der Wertpapiere aus den Unternehmensgewinnen des Antragstellers herrühren, der dadurch für die steuerliche Bemessung verringert wurde; warum, wie die Antragsgegnerin zusammengefasst vertritt, der vom Unternehmer in das Wertpapierdepot übergeführte – also thesaurierte – Gewinn schon aus diesem Grund ein eheliches Ersparnis sein soll, kann sie in Anbetracht der von ihr gar nicht in Abrede gestellten Widmung der Wertpapiere zum Anlagevermögen des Unternehmens (der Arztpraxis) aber nicht nachvollziehbar darstellen; solange diese Widmung aufrecht ist, gehören sie auch iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG zum Unternehmen und sind damit der Aufteilung entzogen
§§ 81 ff EheG, § 82 EheG, § 10 EStG
GZ 1 Ob 175/23a, 23.01.2024
OGH: Der Aufteilung unterliegt die eheliche Errungenschaft, dh das, was die Ehegatten während der Ehe erarbeitet oder erspart haben. Von der Aufteilung auszuscheiden sind alle Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG) oder Anteile an einem Unternehmen sind (§ 82 Abs 1 Z 4 EheG). Eine Arztpraxis ist ein Unternehmen iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG.
Der OGH wertet in seiner Rsp Erträge eines Unternehmens solange als unternehmenszugehörig und damit nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG der Aufteilung entzogen, als sie nicht für unternehmensfremde (private) Zwecke umgewidmet wurden. Auch nicht ausgeschüttete Gewinne fallen idR nicht in die Aufteilungsmasse, wenn sie entweder reinvestiert, in Unternehmensrücklagen angelegt oder einfach „stehengelassen“ werden. Erst mit der Umwandlung in eheliches Vermögen oder der Umwidmung in Ersparnisse gehören sie als eheliche Errungenschaft zur Aufteilungsmasse. Darauf, ob bei Einbeziehung der dem Unternehmen gewidmeten Sachen in die Aufteilungsmasse der Unternehmensbestand tatsächlich gefährdet wäre, kommt es entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin demgegenüber nicht an.
Nach den Feststellungen liegen am Depot Wertpapiere, die der Antragsteller aus Erträgen seines Unternehmens, einer Arztpraxis, angeschafft hat. Wie das Rekursgericht geht auch die Antragsgegnerin in ihrem Rechtsmittel davon aus, dass es sich bei dieser Anlage um Wirtschaftsgüter gem § 10 Abs 3 Z 2 iVm Abs 1 Z 4 EStG handelt.
Wertpapiere, die nach § 10 Abs 1 Z 4 iVm Abs 3 Z 2 EStG angeschafft werden, zählen schon nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung mit ihrer entsprechenden Widmung für mindestens vier Jahre und der Aufnahme in das Verzeichnis nach § 10 Abs 7 EStG zum Anlagevermögen eines Betriebs und gehören damit zum notwendigen Betriebsvermögen. Bereits die im Gesetz eindeutig vorgenommene Zuordnung der nach § 10 EStG begünstigten Wertpapiere steht – vorbehaltlich einer Umwidmung iSd oben zitierten Rsp – deren Qualifikation als eheliche Errungenschaft entgegen. Die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage ist damit im Gesetz so eindeutig gelöst, dass Zweifel bei der Auslegung gar nicht entstehen können.
Richtig ist zwar, dass die Kosten für die Anschaffung der Wertpapiere aus den Unternehmensgewinnen des Antragstellers herrühren, der dadurch für die steuerliche Bemessung verringert wurde. Warum, wie die Antragsgegnerin zusammengefasst vertritt, der vom Unternehmer in das Wertpapierdepot übergeführte – also thesaurierte – Gewinn schon aus diesem Grund ein eheliches Ersparnis sein soll, kann sie in Anbetracht der von ihr gar nicht in Abrede gestellten Widmung der Wertpapiere zum Anlagevermögen des Unternehmens (der Arztpraxis) aber nicht nachvollziehbar darstellen. Solange diese Widmung aufrecht ist, gehören sie auch iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG zum Unternehmen und sind damit der Aufteilung entzogen.