OGH: Zu Auskunftsbegehren im Verfahren über die nacheheliche Aufteilung
Der Anspruch auf Auskunftserteilung analog Art XLII Abs 1 zweiter F EGZPO in Bezug auf das in eine Privatstiftung eingebrachte Ehevermögen bezieht sich auf den nach § 91 Abs 1 EheG einzubeziehenden Wert dieses Vermögens
§ 85 EheG, § 91 EheG, Art XLII EGZPO
GZ 1 Ob 180/23m, 09.02.2024
OGH: Im außerstreitigen Aufteilungsverfahren besteht nur ein Anspruch auf Auskunftserteilung in analoger Anwendung des Art XLII Abs 1 zweiter F EGZPO. Voraussetzung dafür ist, dass der Gegner von der Verschweigung oder Verheimlichung des anzugebenden Vermögens vermutlich Kenntnis hat und damit der konkrete Verdacht auf Verschweigen oder Verheimlichen von Vermögenswerten besteht. Die (eigentliche) Auskunftspflicht (Offenlegung) kann sich im Aufteilungsverfahren nur auf jenes der Aufteilung unterliegende Vermögen beziehen, das im Aufteilungszeitpunkt (Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft) noch vorhanden ist oder dessen Wert gem § 91 Abs 1 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist.
In einem Antrag auf Auskunftserteilung analog zu Art XLII Abs 1 zweiter F EGZPO muss jener Bestandteil der Aufteilungsmasse, den der andere Ehegatte vermutlich unrichtig, unvollständig oder gar nicht angegeben hat, soweit konkretisiert werden, dass in der beantragten Vermögensangabe nicht etwa ein bloßer Erkundungsbeweis zu erblicken ist. Die bloße Behauptung, der andere Ehegatte würde Vermögen verheimlichen, reicht demnach nicht aus, sondern sie muss konkretisiert werden. Zu detaillierte Auskünfte dürfen vom auskunftsbegehrenden Ehegatten im Hinblick auf den Zweck des Auskunftsanspruchs aber nicht verlangt werden. Der Antragsteller hat so viele Tatsachen zu behaupten und zu bescheinigen, dass daraus die Wahrscheinlichkeit der Verschweigung oder Verheimlichung des für die Aufteilung relevanten Vermögens durch den Antragsgegner abzuleiten ist.
Um Vermögensverschiebungen von Ehevermögen in die Privatstiftung entsprechend § 91 Abs 1 EheG auszugleichen, hat das Gericht dem Ehepartner des Stifters eine Ausgleichszahlung zuzusprechen. Gem § 91 Abs 1 EheG ist der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen. Nach dieser Bestimmung muss sich der Ehegatte, der den anderen durch eine Verfügung benachteiligt hat, so behandeln lassen, als hätte er die Verfügung nicht getroffen. Der daraus entstehende Anspruch auf Einbeziehung des Fehlenden beruht auf der Fiktion, das Fehlende - und zwar nach dem Wert zur Zeit der Aufteilung - sei dem stiftenden Ehegatten schon durch Aufteilung zugekommen. Der Anspruch auf Auskunftserteilung analog zu Art XLII Abs 1 zweiter F EGZPO in Bezug auf das in eine Privatstiftung eingebrachte Ehevermögen bezieht sich daher auf den nach § 91 Abs 1 EheG einzubeziehenden Wert dieses Vermögens. Der Ehepartner kann demnach bei Vorliegen der Voraussetzungen für diesen Auskunftsanspruch vom Stifter Auskunft über das in die Privatstiftung eingebrachte eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse verlangen.