VwGH: Umbaumaßnahmen als Rückbau auf den konsensgemäßen Zustand?
Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass der Konsens für eine Baulichkeit untergeht, wenn diese abgebrochen bzw entfernt wird
§ 129 Wr BauO, § 60 Wr BauO
GZ Ra 2020/05/0243, 21.11.2023
VwGH: Die Frage, inwieweit ein bestimmtes Bauvorhaben bewilligungspflichtig, anzeigepflichtig oder auch bewilligungsfrei ist, unterliegt dabei ebenso der einzelfallbezogenen Beurteilung des VwG wie die Frage, ob für ein konkretes Objekt ein baurechtlicher Konsens besteht oder nicht.
Fallbezogen führte das VwG im angefochtenen Erkenntnis betreffend die Wohnungszugangstüre Top Nr 5 aus, dass diese aufgrund der Bauanzeige vom 13. Jänner 2016 und dem dieser Anzeige zugrundeliegenden Plan davon auszugehen sei, dass eine Tür mit der Größe 108/260 cm in Brandschutzqualifikation EI 2 30 gem § 70 Wr BauO als bewilligt gelte. Der Erklärung des Erstrevisionswerbers vom 22. April 2016 zufolge sei das Bauvorhaben auch in diesem Sinn umgesetzt worden. Die tatsächlich eingebaute Türe entspreche allerdings nicht der vorgeschriebenen Brandschutzqualifikation.
Der Feststellung des VwG, dass die zur Wohnung Top Nr 5 nunmehr tatsächlich eingebaute Eingangstüre die Maße laut Bauanzeige vom 13. Jänner 2016 (108/260 cm) aufweise, sie aber nicht der vorgeschriebenen Brandschutzqualifikation EI 2 30 entspreche, treten die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht entgegen. Hinsichtlich der Beurteilung des VwG darüber hinaus, dass für diese Wohnungszugangstür (nunmehr) der Konsens laut Bauanzeige vom 13. Jänner 2016 bestehe, wird eine Unvertretbarkeit in den Zulässigkeitsgründen der Revision nicht aufgezeigt. Die Revision zieht sich in diesem Zusammenhang im Wesentlichen auf die bloße Behauptung zurück, für die Türe bestünde noch der ursprüngliche Baukonsens des Jahres 1895; sie lässt dabei aber ua die Feststellung des VwG außer Acht, wonach laut baupolizeilichem Auftrag der belBeh vom 30. November 2015 der konsensgemäße Zustand laut Einreichplan von 1895 in einer Türe mit 90 cm Durchgangslichte auf 260 cm Höhe (und nicht wie mit Bauanzeige vom 13. Jänner 2016 eingereicht und tatsächlich eingebaut in einer Türe mit den Maßen 108/260 cm) bestand. Eine unvertretbare Beurteilung des VwG wird jedenfalls iZm der Wohnungszugangstüre Top Nr 5 nicht dargetan, weshalb die Revision in dem im Spruch genannten Umfang gem § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Hinsichtlich der Wohnungseingangstüre Top Nr 13-14 führte das VwG im angefochtenen Erkenntnis zusammengefasst aus, die revisionswerbenden Parteien hätten mit Bauansuchen vom Februar bzw März 2006 gem § 62 Wr BauO nachträglich den „Umbau der bestehenden Wohnung Top 13-14“ durch Gangeinbeziehung durch Errichtung einer Zwischenwand (Schaffung eines Vorraumes) und eine Zusammenlegung der Wohnungen Top Nr 13 und 14 sowie die Schaffung einer neuen Wohnungseingangstüre mit der Abmessung 100/200 cm und der Brandschutzqualifikation T30 angezeigt. Datiert mit 7. Februar 2006 sei schon zuvor eine darauf bezogene Fertigstellungsanzeige erstattet worden. In einem gegen die revisionswerbenden Parteien angestrengten Zivilprozess seien sie jedoch verpflichtet worden, die abgetrennten allgemeinen Gangteile, insbesondere durch Entfernung der Trennmauer, wieder frei zugänglich zu machen und eigenmächtige, nicht genehmigte Veränderungen an der Liegenschaft künftig zu unterlassen. Als Konsequenz habe der Erstrevisionswerber die Trennwand samt Türe wieder entfernt; mit Eingabe vom 26. November 2019 habe der Erstrevisionswerber die Entfernung der im Gangteil vor den Wohnungen Top Nr 13 und 14 vormals erbauten Zwischenwand samt Tür und Zarge angezeigt und eine Fertigstellungsmeldung erstattet. Aus dem Plan zur Bauanzeige vom 30. März 2006 und den darin enthaltenen farblichen Markierungen sei neben der Bewilligung der Gangeinbeziehung durch Errichtung einer Zwischenwand (Schaffung eines Vorraumes) und der Zusammenlegung der Wohnungen Top Nr 13 und 14 eindeutig auch die Schaffung einer neuen Wohnungseingangstüre mit der Abmessung 100/200 cm und der Brandschutzqualifikation T30 hervorgegangen. Da die bewilligte Wohnungszugangstüre samt der Trennwand wieder „eigenmächtig entfernt“ worden sei, liege auch in diesem Punkt eine Vorschriftswidrigkeit iSd § 129 Abs 10 Wr BauO vor. Da die dahinterliegenden Eingangstüren zu den Wohnungen Top Nr 13 und 14 nicht den daran gestellten Anforderungen entsprächen, sei durch den Wegfall der Zwischenwand samt Türe der angestrebte Brandschutz nicht mehr gewährleistet.
Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass der Konsens für eine Baulichkeit untergeht, wenn diese abgebrochen bzw entfernt wird.
Dass der Erstrevisionswerber sämtliche Maßnahmen, welche mit Baukonsens vom 30. März 2006 als bewilligt anzusehen waren (Zusammenlegung der Wohnungen Top Nr 13 und 14 durch Gangeinbeziehung und Schaffung eines Vorraumes mittels Errichtung einer Zwischenwand sowie Schaffung einer neuen Wohnungseingangstüre) infolge zwischenzeitlich an die revisionswerbenden Parteien ergangener zivilgerichtlicher Urteile wieder entfernt hat, führen übereinstimmend sowohl das VwG als auch die Revision aus. Entsprechend der Rsp des VwGH ist damit aber der Baukonsens vom 30. März 2006 untergegangen. Bereits aus diesem Grund scheidet die Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages zur Herstellung einer „Wohnungszugangstür zur Wohnung Top Nr 13-14 [...] entsprechend der Bewilligung vom 30. März 2006 [...]“ aus.