OGH: Zur Verjährung („Dieselskandal“)
Erfuhr der Fahrzeughalter zwar durch ein Schreiben der Generalimporteurin vom "Abgasskandal" und davon, dass sein Fahrzeug betroffen war, und wurde ihm gleichzeitig ein Software-Update angeboten, das eine "technische Lösung" für das Problem bieten sollte und das auch vom Fahrzeughalter in Anspruch genommen wurde, durfte der Geschädigte annehmen, dass der aufgetretene Schaden behoben ist
§ 933 ABGB, §§ 922 ff ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 1489 ABGB
GZ 10 Ob 31/23s, 19.12.2023
OGH: Die kurze Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann. Die Kenntnis muss dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt
Nach den Feststellungen erfuhr hier die Klägerin zwar 2016 durch ein Schreiben der Generalimporteurin vom „Abgasskandal“ und davon, dass ihr Fahrzeug davon betroffen war. Allerdings wurde ihr ein Software-Update angeboten, das eine „technische Lösung“ für das Problem bieten sollte und das die Klägerin auch in Anspruch nahm.
Darf der Geschädigte annehmen, dass der aufgetretene Schaden behoben ist, besteht für ihn nicht der geringste Anlass zur Verfolgung von - für ihn rein hypothetischen - weiteren Ersatzansprüchen, und sei es auch in Form einer Feststellungsklage. Die Sachlage ist dann nicht anders, als wenn der Betroffene von einem - an sich vorhandenen - Schaden bisher überhaupt noch nicht Kenntnis erlangt hat.
Ausgehend von diesen Grundsätzen war ein allfälliger Anspruch bei Klagseinbringung noch nicht verjährt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin bereits 2016 Kenntnis von Schaden und Schädiger hatte, konnte sie aufgrund des Verhaltens der Beklagten, die eine mit den Behörden abgestimmte „technische Lösung“ entwickelte und auch die Kosten für die „technische Überarbeitung“ des gegenständlichen Motors (das Aufspielen des Software-Updates) trug, mit gutem Grund davon ausgehen (und ging sie auch davon aus), dass der bei Erwerb des Fahrzeugs vorliegende Mangel behoben wurde. Damit erschien eine Klagsführung aber überflüssig. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt damit im vorliegenden Fall zu dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem die Klägerin davon Kenntnis erlangte, dass trotz des Software-Updates nach wie vor eine unzulässige Abschalteinrichtung vorhanden sei. Die geltend gemachten Ansprüche waren demnach bei Klagseinbringung auch unter Zugrundelegung der dreijährigen Verjährungsfrist noch nicht verjährt.