29.01.2024 Zivilrecht

OGH: Sturmversicherung iZm Unwetter (Eindringen von Niederschlagswasser in Bodenaufbau und Mauerwerk; Überschwemmung)

Unter einem „Eindringen von Witterungsniederschlägen“ iSv Art 1.3. BB 6808 versteht der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer auch den Fall, dass in einem umschlossenen Hof angesammeltes Niederschlagswasser seinen Weg über Mauerteile ins Gebäude findet; der Begriff „Überschwemmung“ impliziert, dass sich Wasser auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts ansammelt; in gleicher Weise wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer darunter hier kein kleinräumiges Ereignis wie in Lichthöfen stehendes Regenwasser verstehen


Schlagworte: Versicherungsvertragsrecht, Sturmversicherung, Eindringen von Niederschlagswasser, Eindringen von Witterungsniederschlägen, Überschwemmung, Risikoausschluss
Gesetze:

 

Art 1.3 BB 6808, Art 2.4 AStB 1998

 

GZ 7 Ob 113/23b, 22.11.2023

 

OGH: Gem Art 2.4. AStB 1998 sind Schäden „durch Wasser“ nicht versichert, und zwar auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadensereignisses. Versichert sind aber Schäden durch Schmelz- oder Niederschlagswasser, wenn das Wasser dadurch in ein Gebäude eindringt, dass feste Baubestandteile oder ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren durch ein Schadensereignis beschädigt oder zerstört wurden. Ein solcher Fall liegt unstrittig nicht vor.

 

Allerdings sieht Art 1.3. BB 6808 eine Abänderung von Art2.4. AStB 1998 vor und schließt auch Schäden in die Versicherungsdeckung ein, wenn Gebäudeteile im Inneren des versicherten Gebäudes durch Witterungsniederschläge (zB Niederschlagswasser) beschädigt oder zerstört werden, welche (ua) durch Mauerteile ins Gebäude eindringen, ohne dass ein Ereignis gem Art 1. AStB 1998 einwirkt.

 

Im vorliegenden Fall sind die Schäden im Inneren des versicherten Gebäudes durch das Eindringen des in den Lichthöfen aufgestauten Niederschlagswassers in den Bodenaufbau und in das Mauerwerk entstanden. Unter einem „Eindringen von Witterungsniederschlägen“ iSv Art 1.3. BB 6808 versteht der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer auch den Fall, dass in einem umschlossenen Hof angesammeltes Niederschlagswasser seinen Weg über Mauerteile ins Gebäude findet. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin findet sich in der Klausel kein Anhaltspunkt, dass nur Schäden ersetzt würden, die durch direkte Einwirkung von heftigen Witterungsniederschlägen entstanden seien. Auch die Ansicht der Beklagten, wonach kein „Niederschlagswasser“ mehr vorliege, sobald dieses auf den Boden auftreffe, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer weder dem Wortlaut der Bedingung noch dem allgemeinen Sprachgebrauch entnehmen. Es besteht daher Versicherungsdeckung gem Art 1.3. BB 6808.

 

Art 2. AStB 1998 normiert in zehn Ziffern Risikoausschlüsse, wobei dessen Punkt 2. ua Schäden durch „Überschwemmung“ für nicht versichert erklärt.

 

Anders als aktuelle Bedingungen enthalten die AStB 1998 keine Definition des Begriffs „Überschwemmung“. Der OGH hat dazu aber bereits ausgesprochen, der Begriff „Überschwemmung“ impliziert, dass sich Wasser auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts ansammelt. In gleicher Weise wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer darunter hier kein kleinräumiges Ereignis wie in Lichthöfen stehendes Regenwasser verstehen, sodass dieser Risikoausschluss im vorliegenden Fall schon deshalb nicht verwirklicht ist.