OGH: Zur Weitergabe von Daten an Adressverlage und Direktmarketingunternehmen
§ 151 GewO berechtigt die dort genannten Gewerbetreibenden zur Ermittlung bestimmter Kategorien von Daten ohne Einwilligung der betroffenen Personen, enthält jedoch keine gesetzliche Ermächtigung zur Übermittlung der Marketingdaten an die in § 151 Abs 1 GewO genannten Personen bzw Unternehmen
§ 151 GewO, Art 6 DSGVO
GZ 6 Ob 215/22v, 28.06.2023
OGH: Nach § 151 Abs 1 GewO sind auf die Verwendung von personenbezogenen Daten für Marketingzwecke durch die zur Ausübung des Gewerbes der Adressverlage und Direktmarketingunternehmen berechtigten Gewerbetreibenden die Bestimmungen der DSGVO und des DSG anzuwenden, sofern im Folgenden (in § 151 GewO) nichts Besonderes angeordnet ist. § 151 GewO enthält ua Regelungen zur Ermittlung von Daten durch Adressverlage und Direktmarketingunternehmen. Gegenstand der im vorliegenden Fall beanstandeten Regelung ist aber nicht die Ermittlung von Daten durch die Beklagte, sondern deren Weitergabe an dritte, also von der Beklagten verschiedene und in der Klausel in keiner Weise eingeschränkte Rechtssubjekte („an Dritte“). Dafür bietet § 151 Abs 5 GewO schon nach seinem Wortlaut keine Rechtsgrundlage: Geregelt ist dort nur, unter welchen Voraussetzungen die in § 151 Abs 1 GewO genannten Gewerbetreibenden ohne Einwilligung der betroffenen Personen zur Ermittlung bestimmter Kategorien von Daten berechtigt sind. § 151 Abs 5 GewO enthält eine - an bestimmte Voraussetzungen geknüpfte - Ermittlungsermächtigung, jedoch keine gesetzliche Ermächtigung zur Übermittlung der Marketingdaten an die in § 151 Abs 1 GewO genannten Personen bzw Unternehmen. Auch § 151 Abs 3 GewO regelt nur die Ermittlung, nicht aber die in der beanstandeten AGB-Klausel geregelte Datenübermittlung an Dritte. Die Rechtsansicht der Beklagten, die beanstandeten Bestimmungen informierten die Verbraucher zutreffend über die von § 151 GewO gestaltete Rechtslage, trifft daher nicht zu.
Die Beklagte leitet die Erlaubtheit der Datenübermittlung ohne Einwilligung der Betroffenen darüber hinaus aus Art 6 Abs 1 lit f DSGVO iVm einer gesetzlich zugunsten der Direktmarketingunternehmen vorgenommenen Interessenabwägung gem § 151 GewO ab. Auch daraus kann die Zulässigkeit der beanstandeten Klausel aber nicht abgeleitet werden: Zwar kann nach ErwGr 47 S 7 DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden. Der Erlaubnistatbestand des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO erfordert aber eine dreigliedrige Interessenabwägung (Vorliegen eines berechtigten Interesses, Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses und kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person). Die beanstandeten Klauseln lassen hier hingegen eine Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen in keiner Weise erkennen.