OGH: Haushaltsversicherung – zur Frage, ob ein „Verlassen der Wohnung“ bei einem ländlichen Zweifamilienobjekt schon beim Betreten des Hausgartens vorliegt
Als Verlassen der versicherten Wohnräumlichkeiten wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer das Entfernen vom Versicherungsobjekt in seiner Gesamtheit verstehen, also einschließlich der zur Risikoadresse gehörenden üblichen Außenbereiche wie Terrassen, Vor- oder Hausgärten; keinesfalls wird er annehmen, durch einen Aufenthalt in seinem Garten, das Objekt zu verlassen und damit – ohne sämtliche Türen und Fenster zu versperren – unbefugtes Eindringen zu ermöglichen oder zu erleichtern
Art 4 AVB
GZ 7 Ob 180/23f, 22.11.2023
OGH: Nach Art 4 AVB ist eine Wohnung zu versperren, wenn sie von allen Personen verlassen wird. Im Revisions- und Rekursverfahren ist daher die Frage zu klären, ob dies beim Betreten des Hausgartens der Fall ist.
Die Haushaltsversicherung bietet grundsätzlich Versicherungsschutz für die Wohnung ieS, also für jene Räume, die der Versicherungsnehmer durch Versperren von der allgemeinen Benutzung ausschließt. Art 4 AVB enthält in diesem Zusammenhang eine Obliegenheit, mit dem jedem Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck, ein unbefugtes Eindringen unmöglich zu machen oder zumindest erheblich zu erschweren.
Art 4 AVB enthält die Wortfolge „Verlassen der Wohnung“.
Unter Wohnung wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die versicherten Wohnräumlichkeiten verstehen. Diese erfahren ihre Spezifizierung im Versicherungsvertrag.
Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte laut Police Versicherungsschutz für das Wohnhaus (ebenerdig 178 m² Innenfläche, Keller 64 m² Innenfläche, Stockwerk 129 m² Innenfläche, Mansarde 50 m² Innenfläche, Nebengebäude auf dem Versicherungsgrundstück [nicht für Wohnzwecke geeignet] bis zu einer Gesamtfläche von 35 m²) an der näher angeführten Adresse übernimmt. Versichert sind hier die Innenflächen des Wohnhauses, nicht nur jene der Wohnungen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Wohnhaus als Mehrgenerationenhaus innerhalb einer Familie unter anderem zwei Wohneinheiten umfasst.
Die versicherten Wohnräumlichkeiten werden durch das Eingangs- und Gartentor von einer allgemeinen Benützung ausgeschlossen. Die Versperrobliegenheit bezieht sich damit auf diese Tore und nicht auf die im Inneren des Wohnhauses befindlichen Türen.
Als Verlassen der versicherten Wohnräumlichkeiten wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer das Entfernen vom Versicherungsobjekt in seiner Gesamtheit verstehen, also einschließlich der zur Risikoadresse gehörenden üblichen Außenbereiche wie Terrassen, Vor- oder Hausgärten. Keinesfalls wird er annehmen, durch einen Aufenthalt in seinem Garten, das Objekt zu verlassen und damit – ohne sämtliche Türen und Fenster zu versperren – unbefugtes Eindringen zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, vor dem Hintergrund, dass sich die Klägerin im Garten aufhielt, bewirke das unversperrte Eingangstor keine Verletzung der Versperrobliegenheit, ist zutreffend.