02.01.2024 Zivilrecht

OGH: Rechtsschutzversicherung – mangelnde Erfolgsaussichten iSv Art 9.2.3 ARB 2003 (hier: deliktischer Schadenersatz iZm Leasingfahrzeug)

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist im Vorbringen des Klägers und dem von ihm vorgelegten Kaufvertrag davon auszugehen, dass er von Anfang an eine Leasingfinanzierung beabsichtigt hat und der Kaufvertrag mit dem Händler lediglich zur Spezifizierung des Leasinggegenstands abgeschlossen worden war; aus dem Vorbringen des Klägers lässt sich somit ein in seinem Vermögen entstandener Schaden nicht schlüssig ableiten


Schlagworte: Versicherungsvertragsrecht, Rechtsschutzversicherung, Deckungsprozess, mangelnde Erfolgsaussichten, Leasingfahrzeug, deliktischer Schadenersatz, Kaufpreisminderung
Gesetze:

 

Art 9.2.3 ARB 2003

 

GZ 7 Ob 192/23w, 22.11.2023

 

OGH: In der Rechtsschutzversicherung ist bei Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen. Die vorzunehmende Beurteilung, ob „keine oder nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg“ besteht, hat sich am Begriff „nicht als offenbar aussichtslos“ des die Bewilligung der Verfahrenshilfe regelnden § 63 ZPO zu orientieren. „Offenbar aussichtslos“ ist eine Prozessführung, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann, insbesondere bei Unschlüssigkeit, aber auch bei unbehebbarem Beweisnotstand. Auch eine klare Gesetzeslage oder bereits gelöste Rechtsfragen können die Annahme rechtfertigen, dass keine oder keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Feststellungen im Deckungsprozess über Tatfragen, die Gegenstand des Haftpflichtprozesses sind, sind für den Haftpflichtprozess nicht bindend, daher überflüssig und, soweit sie getroffen werden, für die Frage der Deckungspflicht unbeachtlich. Eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung und des Ergebnisses des Haftpflichtprozesses kommt im Deckungsprozess bei Beurteilung der Erfolgsaussichten nicht in Betracht. Die Frage, in wessen Vermögen der behauptete Schaden eingetreten und wer daher für die Forderung von Ersatz legitimiert ist, stellt ein wesentliches Kriterium für die (rechtliche) Beurteilung der Erfolgschancen dar. Die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Rechtsschutzversicherung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

 

Der Kläger begehrt im vorliegenden Fall Deckung für einen deliktischen Schadenersatzanspruch in Höhe einer 30%igen Kaufpreisminderung samt Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden. Nachdem die Beklagte mangelnde Erfolgsaussichten iSv Art 9.2.3 ARB 2003 eingewendet hatte, weil es sich beim Kfz um ein Leasingfahrzeug handle, brachte der Kläger unter Berufung auf die Entscheidung 8 Ob 22/22a zusammengefasst vor, es sei am 12. April 2016 der Kaufvertrag und am 21. April 2016 der Leasingvertrag abgeschlossen worden. Wenn der Leasingvertrag nach dem Kaufvertrag abgeschlossen worden sei, gehe diese Tatsache die Beklagte nichts an. Es sei Sache des Autokäufers, ob er das Auto in bar, durch Überweisung, durch einen Kredit oder über Finanzierungsleasing bezahle.

 

Dieses Vorbringen des Klägers ist nicht deckungsgleich mit dem in 8 Ob 22/22a festgestellten Vorgang. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Vorbringen des Klägers und dem von ihm vorgelegten Kaufvertrag davon auszugehen, dass er von Anfang an eine Leasingfinanzierung beabsichtigt hat und der Kaufvertrag mit dem Händler lediglich zur Spezifizierung des Leasinggegenstands abgeschlossen worden war. Aus dem Vorbringen des Klägers lässt sich somit ein in seinem Vermögen entstandener Schaden nicht schlüssig ableiten. Die vom Erstgericht zur Leasingkonstruktion getroffenen Feststellungen sind hingegen für die Frage der Beurteilung der Erfolgsaussichten unbeachtlich.

 

Wenn das Berufungsgericht daher bei diesen Umständen des Einzelfalls mangelnde Erfolgsaussichten iSv Art 9.2.3 ARB 2003 angenommen hat, weil der Kläger aufgrund der Leasingfinanzierung den in seinem Vermögen entstandenen Schaden nicht schlüssig dargelegt habe, ist dies nicht korrekturbedürftig.