OGH: Zur Wiederaufnahmeklage
Der OGH ist auch dann zuständig, wenn er die ao Revision gem § 508a Abs 1 ZPO als unzulässig zurückgewiesen hat; in diesem Umfang ist er auch zuständig, über den Verfahrenshilfeantrag zu entscheiden
§ 530 ZPO, §§ 532 f ZPO, § 538 ZPO, § 63 ZPO
GZ 2 Ob 115/23k, 19.09.2023
OGH: Gem § 530 Abs 1 Z 4 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn sich der Richter bei der Erlassung der Entscheidung oder einer der Entscheidung zugrunde liegenden früheren Entscheidung in Beziehung auf den Rechtsstreit zum Nachteil der Partei einer nach dem StGB zu ahndenden Verletzung seiner Amtspflicht schuldig gemacht hat.
Nach § 532 Abs 1 ZPO ist für die nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO erhobene Wiederaufnahmsklage das Gericht, von welchem die durch die Klage angefochtene Entscheidung gefällt wurde, wenn aber in der Klage mehrere in demselben Rechtsstreit von Gerichten verschiedener Instanzen gefällte Entscheidungen angefochten werden, das höchste unter diesen Gerichten ausschließlich zuständig. Liegt bereits vor Bekanntwerden des Wiederaufnahmegrundes des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO eine Entscheidung höherer Instanz vor, ist die Wiederaufnahmeklage beim Gericht höherer Instanz einzubringen, da auch die Beseitigung seiner Endentscheidung begehrt wird. Zur Entscheidung über eine auf den Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Wiederaufnahmeklage kann auch der OGH berufen sein. Nach der jüngeren Rsp ist der OGH auch dann zuständig, wenn er - wie hier - die ao Revision gem § 508a Abs 2 ZPO als unzulässig zurückgewiesen hat.
Da der OGH zur Entscheidung über die Wiederaufnahmeklage zuständig ist, soweit der Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO geltend gemacht wird, ist er auch zuständig, über den Verfahrenshilfeantrag in diesem Umfang zu entscheiden (§ 65 Abs 2 ZPO). Gem § 63 Abs 1 ZPO ist die Verfahrenshilfe dann zu versagen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Offenbar aussichtslos ist eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Abwehrmittel als erfolglos erkannt werden kann. Dies ist hier aufgrund der Unschlüssigkeit der Fall: Für eine Wiederaufnahmsklage, die infolge Geltendmachung strafbarer Handlungen des Erstrichters (§ 530 Abs 1 Z 4 ZPO) gem § 532 Abs 1 ZPO beim OGH einzubringen ist, besteht gem § 27 Abs 1 ZPO iVm § 533 ZPO absolute Anwaltspflicht. Der Formmangel des Fehlens der Unterschrift auf einer beim OGH eingebrachten Wiederaufnahmsklage ist ohne wesentliche Bedeutung, wenn das Rechtsmittel jedenfalls (als unzulässig) zurückzuweisen ist. Dasselbe gilt auch für eine unzulässige Wiederaufnahmsklage, die - wie hier - nach § 538 Abs 1 ZPO bereits im Vorprüfungsverfahren als unschlüssig zurückzuweisen.