OGH: Zum Auskunftsanspruch gegen Banken iZm Kleinbetragssparbüchern
Soweit sich die begehrte Auskunft auf eine im Eröffnungszeitpunkt bestehende Geschäftsbeziehung bezieht, steht dem Auskunftsanspruch das Bankgeheimnis des § 38 BWG nicht entgegen
Art XLII EGZPO, § 32 BWG, § 38 BWG
GZ 10 Ob 43/23f, 21.11.2023
OGH: Das Kreditinstitut ist dem Kunden nach der Rsp jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten oder über Einzelheiten der Geschäftsbeziehung verpflichtet. Bestand eine Auskunftspflicht gegenüber dem Erblasser, so steht der Auskunftsanspruch dem eingeantworteten Erben gleichermaßen zu. Der vertragliche Auskunftsanspruch setzt somit eine zur Bank bestehende Geschäftsbeziehung voraus, über die Auskunft erteilt werden soll. Der Beweis der Kundeneigenschaft obliegt demjenigen, der sich darauf gegenüber der Bank beruft und Auskunft erhalten will.
Für den - hier allein gegenständlichen - vertraglichen Auskunftsanspruch bedarf es daher des Nachweises, dass die Auskunft begehrende Partei (bzw im Fall der Gesamtrechtsnachfolge: der Rechtsvorgänger im Todeszeitpunkt) in einer Geschäftsbeziehung zum beklagten Kreditinstitut steht (stand), über die Auskunft zu erteilen ist. Hier begehrt die Klägerin ausschließlich Auskunft über „Kleinbetragssparbücher“, die auch als „Typ-1 Sparbücher“ bezeichnet werden. Das sind Sparbücher, deren Guthabensstand weniger als € 15.000 beträgt, die nicht auf den Namen des gemäß den Bestimmungen des FM-GwG identifizierten Kunden lauten und mit einem Losungswort versehen sind (§ 32 Abs 4 Z 1 BWG).
Die Abtretung der Forderung durch Übertragung des Kleinbetragssparbuchs bedarf zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich keiner Verständigung oder Zustimmung des Kreditinstituts. Danach wäre es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass mittlerweile nicht mehr der bei Eröffnung der Spareinlage als solcher identifizierte Kunde, sondern jemand anderer der zur Auszahlung Berechtigte ist. Die Berechtigung zur Auszahlung infolge Abtretung der Forderung aus dem Spareinlagenvertrag sagt allerdings nichts über das Vertragsverhältnis mit dem als solchen identifizierten Kunden aus. Dieser bleibt - hinsichtlich des gesamten Vertragsverhältnisses - weiterhin Vertragspartner des Kreditinstituts, auch wenn nicht mehr er, sondern ein Dritter, dem das Sparbuch nach sachenrechtlichen Grundsätzen übereignet wurde, zur Auszahlung berechtigt wäre. Da es somit denkbar ist, dass der ursprünglich identifizierte Kunde seine Vertragsstellung unmittelbar nach der Eröffnung des jeweiligen Sparbuchs verloren hat, würde der Zeitraum nach der Eröffnung nicht mehr von der Geschäftsbeziehung mit diesem ursprünglich identifizierten Kunden, sondern von jener mit einer dritten Person erfasst. Für ein Begehren auf Auskunftserteilung über den nach der Eröffnung liegenden Zeitraum kann die Geschäftsbeziehung zum ursprünglich identifizierten Kunden keine Grundlage bilden. Soweit sich die begehrte Auskunft aber auf eine im Eröffnungszeitpunkt bestehende Geschäftsbeziehung bezieht, steht dem Auskunftsanspruch das Bankgeheimnis des § 38 BWG nicht entgegen.