05.12.2023 Verfahrensrecht

OGH: Zur Bewertung des Entscheidungsgegenstands (Ansprüche nach § 1330 ABGB)

Im Zweifel ist nicht zusammenzurechnen; das Vorliegen der Ausnahme hat der Kläger zu behaupten; es sind allein dessen Behauptungen (und nicht die Behauptungen der Gegenseite oder die getroffenen Feststellungen) maßgeblich


Schlagworte: Streitwert, Bewertung des Entscheidungsgegenstands, Zusammenrechnung, Rechtsmittelgericht, Unterlassungsanspruch, Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung
Gesetze:

 

§ 55 JN, § 1330 ABGB

 

GZ 6 Ob 145/23a, 23.10.2023

 

OGH: Einer auf die Unterlassung ehrenrühriger/kreditschädigender Behauptungen gerichteten Klage liegen idR in Geld bewertbare Interessen zugrunde. Es ist daher vom Gericht zweiter Instanz eine Bewertung vorzunehmen, wobei zwingende Bewertungsvorschriften, die den Geldeswert (der Höhe nach) festlegen, nicht bestehen. Bei der - freilich stets am objektiven Wert orientierten - Bewertung des Entscheidungsgegenstands ist das Gericht zweiter Instanz demnach grundsätzlich frei. An dessen Bewertung ist der OGH gebunden, es sei denn, das Gericht zweiter Instanz hätte den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum überschritten oder zwingende Bewertungsvorschriften verletzt.

 

Zu den zwingenden Bewertungsvorschriften, zählt auch die Bestimmung des § 55 JN. Wird bei Bewertung von in zuvor erwähntem Sinn (grundsätzlich) „frei“ bewertbaren Entscheidungsgegenständen die gesetzliche Regelung über eine „Zusammenrechnung“ nach § 55 JN nicht beachtet, liegt keine dem Gesetz entsprechende Bewertung vor. Die Frage einer „Zusammenrechnung“ nach § 55 JN („sind zusammenzurechnen“) stellt sich, wenn mehrere Ansprüche mit einer Klage geltend gemacht werden, sei es, dass mehrere Ansprüche gegenüber einer Partei erhoben werden (objektive Klagenhäufung oder Anspruchshäufung; § 55 Z 1 JN) oder die Durchsetzung mehrerer Ansprüche (je eines Anspruchs) von mehreren Parteien (und/oder) gegenüber mehreren Parteien mit einer Klage verfolgt werden (subjektive Klagenhäufung oder Parteienhäufung; § 55 Z 2 JN).

 

Die Klägerin hat hier die zu unterlassenden Behauptungen in 7 Punkte gegliedert und 3 Parteien geklagt, sodass hier sowohl für die objektive wie auch die subjektive Klagenhäufung (Anspruchshäufung und Parteienhäufung) entsprechend der in § 55 JN für die „Zusammenrechnung“ festgelegten Anordnungen zu prüfen ist, inwieweit gemeinsam zu bewertende Ansprüche vorliegen.

 

Dabei seien folgende Grundsätze in Erinnerung gerufen: Nicht-Zusammenrechnung ist die Regel, von der § 55 Abs 1 JN eine Ausnahme normiert. Im Zweifel ist nicht zusammenzurechnen. Das Vorliegen der Ausnahme hat der Kläger zu behaupten; es sind allein dessen Behauptungen (und nicht die Behauptungen der Gegenseite oder die getroffenen Feststellungen) maßgeblich. Findet keine Zusammenrechnung statt, ist die Revisionszulässigkeit für jeden einzelnen Entscheidungsgegenstand gesondert zu beurteilen.