OGH: Zum Fremdwährungskredit
Wird dem Kreditnehmer die Wahl eingeräumt, sich den (Fremdwährungs-)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, liegt ein Angebot der Bank vor, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen; lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt daher zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu, was auch einer typischen, nicht juristisch geschulten Person erkennbar ist
§ 2 VkrG, § 6 KSchG, § 879 ABGB
GZ 1 Ob 164/23h, 23.10.2023
Gegenstand des Verfahrens ist ein von den Klägern bei der Beklagten über Vorschlag und Vermittlung einer von ihnen beauftragten Vermögensberaterin zur Finanzierung des Ankaufs eines Grundstücks und der Errichtung eines Hauses im Mai 2006 im Gegenwert von 245.000 EUR aufgenommener (endfälliger) Fremdwährungskredit. Für die Rückzahlung der Finanzierung ist der Kurs der aushaftenden Fremdwährung zum Euro am Ende der Laufzeit maßgeblich. Nach Zuzählung der Kreditsumme erhielten sie einen Kontoauszug des CHF-Kontos, der sowohl den CHF-Betrag auswies als auch den von der Beklagten konkret herangezogenen Wechselkurs dokumentierte. Sie wussten, dass sie der Beklagten am Ende der Kreditlaufzeit 385.948,50 CHF schulden.
OGH: Zu den Voraussetzungen für eine echte Fremdwährungsschuld hat der OGH bereits wiederholt Stellung genommen. Demnach ist nicht die Frage maßgebend, in welcher Währung der Kredit ausbezahlt wird, sondern ob die fremde Währung die Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers bildet. Wird dem Kreditnehmer in einem solchen Fall (überdies) die Wahl eingeräumt, sich den (Fremdwährungs-)Kredit in Euro auszahlen zu lassen, liegt zudem ein Angebot der Bank vor, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt daher zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu, was auch einer typischen, nicht juristisch geschulten Person erkennbar ist.
Nach den Feststellungen besteht kein Zweifel, dass den Klägern klar war, einen Fremdwährungskredit in CHF aufzunehmen, den sie auch in dieser Währung zurückzuzahlen haben. Die Auszahlung erfolgte vereinbarungsgemäß in Euro, sodass die Ansicht des Berufungsgerichts, es liege ein echter Fremdwährungskreditvertrag und ein mit der Beklagten abgeschlossener Geldwechselvertrag vor, den in gefestigter Rsp vertretenen Grundsätzen entspricht.
Die Kreditsumme und damit die Geldschuld der Beklagten ist im vorliegenden Fall in ausländischer Währung ausgedrückt, und zwar in CHF, wenn auch im Kreditvertrag nicht ziffernmäßig bestimmt, sondern mittels Bindung an den Gegenwert von (insgesamt) 245.000 EUR. Soweit die Kläger dennoch eine mangelnde Bestimmtheit des Kreditvertrags zu erkennen vermeinen, weil dem Vertrag selbst die genaue Kreditsumme in CHF nicht zu entnehmen sei, übersehen sie, dass der Kreditbetrag vereinbarungsgemäß in CHF auf das für sie eröffnete CHF-Konto überwiesen wurde und sie aufgrund des darüber ausgestellten Kontoauszugs über den von der Beklagten konkret herangezogenen Wechselkurs informiert waren und daher wussten, dass sie der Beklagten am Ende der Kreditlaufzeit 385.948,50 CHF schulden. In vergleichbaren Fällen hat der OGH aber bereits wiederholt den Kreditvertrag als ausreichend bestimmt angesehen.
Mit diesen Entscheidungen und mit der darauf beruhenden Begründung des Berufungsgerichts setzen sich die Kläger nicht auseinander und können damit auch keine Fehlbeurteilung dieser Frage darlegen.
Der OGH hat in der Beurteilung vergleichbarer Fälle bereits klargestellt, dass bei ausreichender Bestimmtheit des Kreditvertrags der Entfall einzelner Klauseln nicht automatisch dessen Nichtigkeit bewirkt. Entfiele daher die von den Klägern beanstandete „Konvertierungsklausel“, bliebe der Kreditvertrag bestehen und sie hätte den Kredit in der fremden Währung zurückzuzahlen, die sie sich allenfalls auch von dritter Seite beschaffen könnte. Auch mit diesen Grundsätzen, die das Berufungsgericht ausführlich wiedergegeben hat, setzen sich die Kläger nicht auseinander, wenn sie in ihrer Revision allgemein die Leitsätze in der Jud des EuGH und des OGH zur Unwirksamkeit von Klauseln in Verbraucherverträgen wiedergeben, und können damit auch nicht darlegen, inwieweit die Entscheidung der zweiten Instanz einer Korrektur bedürfte.
Die Frage der Zulässigkeit der Lückenfüllung, um eine allenfalls nichtige Konvertierungsklausel durch Anwendung des dispositiven Rechts zu ersetzen (hier: § 907b Abs 1 ABGB; § 905a ABGB aF), stellt sich nicht. Die diesbezüglichen unionsrechtlichen Überlegungen der Revisionswerber können damit dahinstehen. Gleiches gilt für die in der Revision angesprochenen unionsrechtlichen Fragen zu den Folgen der Nichtigkeit oder des Nichtzustandekommens eines Kreditvertrags. Ebensowenig ist von Relevanz, ob die Konvertierungsklausel unionsrechtlich bestehen kann. Denn auch ihr Wegfall führte aus den dargestellten Gründen nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags. Ein Vorabentscheidungsersuchen ist aus diesen Gründen nicht erforderlich.