28.11.2023 Zivilrecht

OGH: Zum gutgläubigen Verbrauch von Unterhalt („Einschränkung der Oppositionsklage auf Kosten“)

Der gute Glaube an die Rechtmäßigkeit der Zuwendung kann nicht nur an einer meritorischen Entscheidung im Oppositionsverfahren festgemacht werden


Schlagworte: Familienrecht, Unterhaltsrecht, Unterhaltszahlungen, Zahlung einer Nichtschuld, Rückforderung, gutgläubiger Verbrauch, Redlichkeit, Oppositionsverfahren, Einschränkung auf Kosten
Gesetze:

 

§ 35 EO, § 1431 ABGB, § 1437 ABGB, § 66 EheG

 

GZ 9 Ob 45/23t, 18.10.2023

 

OGH: Nach § 1431 ABGB (Zahlung einer Nichtschuld) kann, wenn jemandem aus einem Irrtum, wäre es auch ein Rechtsirrtum, eine Sache geleistet worden, wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat, idR die Sache zurückgefordert werden. Nach der Rsp kann ein ohne Rechtsgrundlage gezahlter Unterhalt nur dann mangels echter Bereicherung nicht zurückgefordert werden, wenn er gutgläubig verbraucht wurde. Der Empfänger von Unterhalt ist dann schlechtgläubig, wenn er bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit des empfangenen Betrags Zweifel hätte haben müssen; die Unredlichkeit bezieht sich auf die Existenz des Kondiktionsanspruchs. Die Redlichkeit fehlt nicht erst bei auffallender Sorglosigkeit oder gar bei Vorsatz, sondern schon dann, wenn der Empfänger der Leistung zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, wohl aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der ihm rechtsgrundlos ausgezahlten Beträge auch nur zweifeln hätte müssen.

 

Gem § 1437 S 1 ABGB wird der Empfänger einer bezahlten Nichtschuld als ein redlicher oder unredlicher Besitzer angesehen, je nachdem er den Irrtum des Gebers gewusst hat oder aus den Umständen vermuten musste oder nicht. Gem § 328 ABGB streitet die Vermutung für die Redlichkeit des Besitzes; die Unredlichkeit hat der Kläger zu beweisen. Die Vermutung der Redlichkeit gilt auch im Bereich des § 1437 ABGB.

 

Richtig ist, dass hier die Beklagte ab dem Zeitpunkt der Zustellung der (ersten) Oppositionsklage jedenfalls erhebliche Zweifel an der Berechtigung ihres Unterhaltsanspruchs (ohne Abzug der Alterspension) haben musste. Zutreffend ist auch, dass bei einer Klage gem § 35 EO der bekämpfte Anspruch Gegenstand der Entscheidung ist, sein Bestehen somit nicht bloß materiell-rechtliche Vorfrage. Handelt es sich bei dem bekämpften Anspruch um einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch, so stellt die Entscheidung eine Entscheidung über den gesetzlichen Unterhalt dar. Dies bedeutet aber nicht, dass der gute Glaube an der Rechtmäßigkeit der Zuwendung nur an einer meritorischen Entscheidung festgemacht werden kann. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte bei objektiver Beurteilung ihre Zweifel nach rechtskräftiger Abweisung der (ersten und zweiten) Oppositionsklage wieder verwerfen durfte, weil das Erstgericht ihren Rechtsstandpunkt geteilt hat, ist aber hier nach den konkreten Umständen nicht zu beanstanden: Die (rechtsanwaltlich vertretene) Beklagte musste hier gerade nicht damit rechnen, dass sich ihr Rechtsstandpunkt, eine Anrechnung ihrer Alterspension auf den Unterhaltsanspruch gem § 796 ABGB aF habe nicht zu erfolgen, letztlich nicht als berechtigt herausstellen würde.