OGH: Zu entgeltlichen Dienstbarkeiten
Bei entgeltlichen Dienstbarkeiten führt der Verzicht des Nutzungsberechtigten wegen des Synallagmas nicht zum Erlöschen der Verpflichtung zur Gegenleistung
§§ 472 ff ABGB, § 524 ABGB, § 901 ABGB, § 936 ABGB
GZ 1 Ob 67/23v, 13.07.2023
OGH: Die Beklagte hat sich als „persönlich“ Dienstbarkeitsberechtigte im Vertrag zur Leistung eines Entgelts an den Kläger dafür verpflichtet, dass sie befristet für die Dauer der „Wiederverleihung“ des Wasserbenützungsrechts durch die Wasserrechtsbehörde für ihr damaliges Wasserkraftwerk zum einen das Recht auf unterirdische Führung/Belassung der Druckrohrleitung und zum anderen auf Zufahrt zu ihrem „Krafthaus“ über ein Grundstück des Klägers erhält.
Die Revisionswerberin bekämpft (zutreffend) nicht die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass sie als diejenige, die für den Eintritt des behaupteten Auflösungsgrundes allein (oder überwiegend) verantwortlich ist, zur Auflösung des Vertrags aus wichtigem Grund nicht berechtigt ist. Der aus einer Dienstbarkeit (nur) Berechtigte kann zwar jederzeit auf sie verzichten; bei entgeltlichen Dienstbarkeiten - wie im gegenständlich Fall - reicht aber der Verzicht des Nutzungsberechtigten (hier der Beklagten) wegen des Synallagmas nicht aus.
Die Revisionsargumente zur Zwecklosigkeit der Dienstbarkeit gehen bei der gegenständlichen synallagmatischen Vereinbarung am Thema vorbei: Bei Dauerschuldverhältnissen mit wechselseitigen Rechten und Pflichten kann die Zwecklosigkeit einer der beiden Verpflichtungen zwar einen wichtigen Grund für die vorzeitige Beendigung bilden. Ein solcher Grund ist aber ausgeschlossen, wenn die Zwecklosigkeit von demjenigen herbeigeführt wurde, der sich auf sie beruft. Eine Partei kann sich nicht auf das Nichtvorhandensein oder den Wegfall einer Vertragsvoraussetzung berufen, wenn diese sich auf Tatsachen der eigenen Sphäre bezieht.