07.11.2023 Zivilrecht

OGH: Zum (konstitutiven) Anerkenntnis (des Versicherers)

Im Zweifel gilt ein Regulierungsangebot des Versicherers nicht als eigenes (konstitutives) Anerkenntnis des Versicherers dem Grunde nach


Schlagworte: (Konstitutives) Anerkenntnis, Versicherer
Gesetze:

 

§ 1375 ABGB

 

GZ 5 Ob 142/23b, 28.09.2023

 

OGH: Ein konstitutives Anerkenntnis setzt die Absicht des Erklärenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen. Diese Absicht ist nach der Vertrauenstheorie zu beurteilen. Das konstitutive Anerkenntnis kommt dadurch zustande, dass der Gläubiger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts ernstlich das Bestehen einer Forderung behauptet und der Schuldner Zweifel am Bestehen der Forderung durch sein Anerkenntnis beseitigt. Ob ein deklaratorisches (unechtes) Anerkenntnis, eine durch Gegenbeweis widerlegbare Wissenserklärung, oder ein konstitutives (echtes) Anerkenntnis (eine allenfalls anfechtbare rechtsgeschäftliche Willenserklärung) vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind va die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgebend. Im Zweifel gilt ein Regulierungsangebot des Versicherers nicht als eigenes (konstitutives) Anerkenntnis des Versicherers dem Grunde nach.

 

Die Klägerin vermag eine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht aufzuzeigen: Das Berufungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die zunächst schriftlich erklärte Haftungsübernahme schon deswegen kein konstitutives Anerkenntnis bezüglich aller noch offenen Forderungen der Klägerin sein könne, weil deren Höhe damals noch nicht einmal bekannt gewesen sei, und die Zahlung nach Übermittlung des von der Klägerin eingeholten Gutachtens mit dem Hinweis darauf erfolgte, dass damit die Schmerzengeldansprüche abgegolten seien. Die Richtigkeit dieser Begründung zieht die Klägerin nicht in Zweifel, weil sie darauf hinweist, dass sie sich auf ein Anerkenntnis des Haftpflichtversicherers für alle noch offenen Forderungen selbst nicht gestützt habe. Das Rechtsmittel argumentiert, eine persönliche Haftung des Beklagten scheide hier aus, weil die Versicherungssumme ausreiche, um die geltend gemachten Schadenersatzansprüche zu decken. Damit wird aber eine unvertretbare Beurteilung der Frage eines (fehlenden) konstitutiven Anerkenntnisses letztlich nicht einmal behauptet.