17.10.2023 Zivilrecht

OGH: Zur Gewährleistung

Der Gewährleistungsberechtigte kann selbst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist das rechtzeitig erhobene Wandlungsbegehren durch ein nachträgliches (gegebenenfalls hilfsweise gestelltes) Preisminderungsbegehren ergänzen


Schlagworte: Gewährleistungsrecht, Mangel, erfolglose Verbesserung, Wandlung, Preisminderung, Klagsänderung, Gewährleistungsfrist, Unterbrechung, deklaratorisches Anerkenntnis
Gesetze:

 

§ 932 ABGB, §§ 922 ff ABGB, § 1375 ABGB, Art 3 Verbrauchsgüterkauf-RL

 

GZ 3 Ob 139/23x, 06.09.2023

 

OGH: Gem § 932 ABGB kann der Übernehmer zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Der OGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Übernehmer schon bei Misslingen des ersten Verbesserungsversuchs den Sekundärbehelf (Wandlung oder Preisminderung) in Anspruch nehmen kann.

 

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt: Da der noch fragliche nach der Reparatur verbliebene Mangel in Form des Minderwerts gemessen am konkreten Geschäft nur als geringfügig beurteilt werden kann, steht der Klägerin nur das Begehren auf Preisminderung zu.

 

Zur Frage der Umstellung des Begehrens von Wandlung auf Preisminderung legt der EuGH die Verbrauchsgüterkauf-RL dahin aus, dass dem Verbraucher, der Anspruch auf angemessene Minderung des im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreises eines Verbrauchsguts hat, vor Gericht aber lediglich die Auflösung dieses Vertrags beantragt, auch die Geltendmachung der Preisminderung offen stehen muss. Nach dem Grundsatz der Effektivität muss der Verbraucher die Möglichkeit haben, den Preisminderungsanspruch wirksam durchzusetzen, auch wenn er ursprünglich nur ein Wandlungsbegehren erhoben hat, und zwar auch dann, wenn ein Eventualantrag möglich gewesen wäre.

 

Demnach ist dem Kläger auch nachträglich Gelegenheit zu geben, ein Vorbringen zu einem Anspruch auf Preisminderung zu erstatten. Einer solchen Umstellung des Begehrens auf Preisminderung kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass es sich dabei um eine Klagsänderung handle, die für die Beurteilung der Präklusion maßgebend sei. Vielmehr wirkt die Unterbrechungswirkung der ursprünglichen Klagsführung fort. Es kommt daher nur darauf an, ob die ursprüngliche Klagsführung rechtzeitig erfolgt ist. Der Gewährleistungsberechtigte kann also selbst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist das rechtzeitig erhobene Wandlungsbegehren durch ein nachträgliches (gegebenenfalls hilfsweise gestelltes) Preisminderungsbegehren ergänzen. Das ursprüngliche Wandlungsbegehren der Klägerin ist daher nicht verfristet. Nach der Rsp unterbricht die Anerkennung des Mangels durch den Gewährleistungsschuldner die Gewährleistungsfrist, sodass diese mit dem (letzten) erfolglosen Verbesserungsversuch neu zu laufen beginnt. Für die Verjährungsunterbrechung genügt schon ein deklaratorisches Anerkenntnis. Ein solches kann etwa durch eine Verbesserungszusage oder einen Verbesserungsversuch erfolgen.