10.10.2023 Verfahrensrecht

OGH: Art 7 EuKoPfVO – zur vorläufigen Kontenpfändung

Das bescheinigte systematische, von Gläubigerschädigungsabsicht getragene Vorgehen der Antragsgegnerin, ihre Geschäftsbeziehung mit der Drittschuldnerin einzustellen, um weiteren Gläubigerforderungen auf dem österreichischen Rechtsweg zu entgehen, ist mit dem bloßen Transfer eines Kontoguthabens in einen anderen Mitgliedstaat keinesfalls vergleichbar


Schlagworte: Exekutionsverfahren, vorläufige europäische Kontenpfändung. einstweilige Verfügung zur Sicherung von Geldforderungen, Bescheinigung, Gefahr, Erschwerung der Vollstreckung
Gesetze:

 

Art 7 EuKoPfVO, § 379 EO, §§ 422 ff EO

 

GZ 3 Ob 219/22k, 25.05.2023

 

OGH: Gem Art 7 Abs 1 EuKoPfVO setzt die Erlassung eines Beschlusses zur vorläufigen Kontopfändung (ua) voraus, dass der Gläubiger hinreichende Beweismittel vorgelegt hat, die das Gericht zu der berechtigten Annahme veranlassen, dass eine Sicherungsmaßnahme in Form eines Beschlusses zur vorläufigen Pfändung dringend erforderlich ist, weil eine tatsächliche Gefahr besteht, dass ohne diese Maßnahme die spätere Vollstreckung der Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner unmöglich oder sehr erschwert wird.

 

Der Gläubiger muss die ohne die Kontenpfändung bestehende Gefährdung der späteren Vollstreckung seiner Forderung nicht beweisen, sondern bloß glaubhaft machen, also bescheinigen. Wenngleich es nach dem Wortlaut des Art 7 Abs 1 EuKoPfVO nicht darauf ankommt, dass die drohende Verschlechterung der Vollstreckungsaussichten in einem dem Schuldner zurechenbaren Verhalten begründet sein muss, wird daraus doch deutlich, dass auch die EuKoPfVO - wie § 379 Abs 2 Z 1 EO - einen subjektiven Maßstab anlegt; als Beispiele für eine Gefahr werden nämlich ausschließlich bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners genannt, konkret, dass er seine Vermögenswerte aufbraucht, verschleiert oder vernichtet oder aber unter Wert oder in einem unüblichen Ausmaß oder durch unübliche Handlungen veräußert, noch bevor der Gläubiger die Vollstreckung der bestehenden oder einer künftigen gerichtlichen Entscheidung erwirken kann. Es kann deshalb im vorliegenden Fall die Rsp zu § 379 Abs 2 Z 1 EO herangezogen werden. Danach genügt ein rein passives Verhalten des Antragsgegners wie das unbegründete Nichtzahlen fälliger Forderungen, für die ein Exekutionstitel besteht, für die Annahme einer Gefährdung nicht. Die Veräußerung des Vermögens des Schuldners rechtfertigt nur dann die Erlassung einer eV, wenn zu besorgen ist, dass aus dem Vermögen des Schuldners unberechtigterweise einzelne Gläubiger begünstigt werden oder dass der Schuldner beabsichtigt, den Erlös dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen. Der bloße Umstand, dass der Schuldner ein Kontoguthaben von einem Mitgliedstaat in einen anderen transferiert, reicht für sich allein noch nicht aus.

 

Hier hat nach den Feststellungen die Antragsgegnerin ihre Geschäftsbeziehung mit der Drittschuldnerin eingestellt, um weiteren Gläubigerforderungen auf dem österreichischen Rechtsweg zu entgehen. Damit hat der Antragsteller aber die für die Erlassung des Kontenpfändungsbeschlusses notwendige Gefährdung hinreichend bescheinigt. Das bescheinigte systematische, von Gläubigerschädigungsabsicht getragene Vorgehen der Antragsgegnerin ist nämlich mit dem bloßen Transfer eines Kontoguthabens in einen anderen Mitgliedstaat keinesfalls vergleichbar.