12.09.2023 Verfahrensrecht

OGH: Zum Verhältnis von § 37 IO zu § 43 IO

Der Eintritt des Insolvenzverwalters in den vor Insolvenzeröffnung anhängig gemachten Einzelanfechtungsprozess nach § 37 IO kann auch noch nach Ablauf der Einjahresfrist des § 43 Abs 2 IO erfolgen


Schlagworte: Insolvenzverfahren, Anfechtungsrecht, Einzelanfechtung, Anfechtungsprozess, Eintritt des Insolvenzverwalters, Insolvenzanfechtung, Einjahresfrist, Präklusivfrist
Gesetze:

 

§ 37 IO, § 43 IO, § 17 AnfO aF, § 450 EO

 

GZ 17 Ob 5/23v, 11.07.2023

 

OGH: Nach § 37 IO wird das Anfechtungsrecht vom Insolvenzverwalter ausgeübt. Anfechtungsansprüche, die von Insolvenzgläubigern außerhalb des Insolvenzverfahrens erhoben worden sind, sowie Exekutionen auf Grund von Titeln, die von Insolvenzgläubigern für ihre Anfechtungsansprüche erwirkt worden sind, können während des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter verfolgt werden. Sind über Anfechtungsklagen von Gläubigern Rechtsstreitigkeiten noch anhängig, so werden sie durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Der Insolvenzverwalter kann an Stelle des Gläubigers in den Rechtsstreit eintreten oder den Eintritt ablehnen.

 

Aus dieser Bestimmung folgt, dass während der Dauer des Insolvenzverfahrens die Verfolgung von Anfechtungsansprüchen durch Einzelgläubiger ausgeschlossen ist und dem Insolvenzverwalter das ausschließliche Anfechtungsmonopol zukommt, der es für die Insolvenzmasse ausübt. Gerichtsanhängige Verfahren über Einzelanfechtungsansprüche werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ex lege unterbrochen. Lehnt der Insolvenzverwalter den Eintritt in das Verfahren ab, bleibt der Anfechtungsanspruch des Einzelgläubigers für die Dauer des Insolvenzverfahrens - mit Ausnahme der Frage der Prozesskosten (§ 37 Abs 4 IO) - blockiert. Wenn der Insolvenzverwalter hingegen in den Prozess eintritt, hat er das Verfahren in der im Unterbrechungszeitpunkt bestehenden Prozesslage zu übernehmen. Da die Verfahrensgrundlage unberührt bleibt, macht der Insolvenzverwalter weiterhin den Einzelanfechtungsanspruch geltend. Die Erhaltung des Charakters als Einzelanfechtungsanspruch bewirkt weiterhin die umfangmäßige Beschränkung des Begehrens („als es zu seiner Befriedigung erforderlich ist“) und die Anwendung (ua) des § 17 AnfO aF, wonach sich der Anfechtungsgegner durch Befriedigung der dem anfechtenden Gläubiger gegen den Schuldner zustehenden Forderung vom Anfechtungsanspruch befreien kann.

 

Nach § 43 Abs 2 IO muss die Anfechtung durch Klage bei sonstigem Erlöschen des Anspruchs binnen Jahresfrist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden. Eine Erweiterung der Klage oder Änderung des Klagegrundes muss innerhalb der Frist des § 43 Abs 2 IO geschehen. § 43 Abs 2 IO befristet allerdings nur die Anfechtung des Insolvenzverwalters nach den Bestimmungen der IO. Da der Insolvenzverwalter mit seinem Eintritt in einen anhängigen (und durch die Insolvenzeröffnung unterbrochenen) Einzelanfechtungsprozess jedoch nicht nach den Bestimmungen der IO anficht, kann dieser Eintritt auch noch nach Ablauf der Einjahresfrist des § 43 Abs 2 IO erfolgen.