12.09.2023 Zivilrecht

OGH: Zur „Fiskalgeltung der Grundrechte“

Der Entschluss des Förderungsgebers, in Reaktion auf eine Entscheidung des OGH, die eine Erweiterung des Kreises der abstrakt Anspruchsberechtigten zur Folge hatte, in Zukunft gar keine Förderungen mehr zu gewähren, ist sachlich nachvollziehbar und vom rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Förderungsgebers umfasst


Schlagworte: Grundrechte, Fiskalgeltung, Gleichheitsgrundsatz, Sachlichkeit, Vergabe, Förderung, Subvention, Gemeinde, Aufschließungsabgabe, Änderung der Vergabepraxis
Gesetze:

 

Art 7 B-VG, Art 2 StGG, § 879 ABGB, § 938 ABGB

 

GZ 5 Ob 184/22b, 24.07.2023

 

OGH: Die Bindung an den Gleichheitsgrundsatz bei privatrechtlicher Subventionsvergabe zwingt den mit der Verteilung betrauten Rechtsträger nicht nur dazu, die Subvention ohne unsachliche Differenzierung, also grundsätzlich bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen zu gewähren; auch die Festlegung des Förderungszwecks selbst und die nach dieser Zielsetzung erfolgte Eingrenzung des Berechtigtenkreises in den Förderungsrichtlinien muss dem Sachlichkeitsgebot entsprechen. Aus einem etwaigen Verstoß der Förderungsrichtlinien gegen den Gleichheitsgrundsatz folgt ein direkter (Geld-) Leistungsanspruch des Förderungswerbers gegen den Förderungsgeber.

 

Förderungen iSv Subventionen sind vermögenswerte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die ein Verwaltungsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher Mitteln betraute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen lässt, wobei sich der Subventionsempfänger zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet. Auf die Gewährung einer Subvention besteht im Allgemeinen kein Rechtsanspruch. Wenn aber eine Subvention mittels Bescheid oder durch Abschluss eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts zuerkannt wurde, so entsteht ein Rechtsanspruch, der im Falle eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts im Rechtsweg durchgesetzt werden kann.

 

Der Gleichheitsgrundsatz verbietet es nicht, von einem einmal gewählten Ordnungsprinzip abzugehen, sofern nur die betreffende Regelung in sich sachlich begründbar ist. So liegt etwa in der Erschöpfung der Subventionsmittel ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Verweigerung einer Förderung. Der Subventionsvergabe durch Gebietskörperschaften liegt ein Deckungsvorbehalt stillschweigend zugrunde, zumal deren Organe bei der Vollziehung (stets) an die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gebunden sind. Es begründet dabei auch keine Diskriminierung, dabei im Ergebnis auf den Zeitpunkt des Einlangens berechtigter Anträge abzustellen.

 

Der Einstellung der Förderungsvergabe basiert hier auf sachlichen, am ursprünglichen Förderungszweck orientierten Gründen: Der Entschluss des Förderungsgebers, in Reaktion auf eine Entscheidung des OGH, die eine Erweiterung des Kreises der abstrakt Anspruchsberechtigten zur Folge hatte, in Zukunft gar keine Förderungen mehr zu gewähren, ist daher sachlich nachvollziehbar und vom rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Förderungsgebers umfasst.