VwGH: Zur Auslegung von Rechtsmitteln
Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass es für das Vorliegen einer zulässigen Beschwerde im Hinblick auf deren Begründung ausreichend ist, wenn diese erkennen lässt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt; bei der Auslegung des Begriffs „begründeter Berufungsantrag“ (bezogen auf § 63 Abs 3 AVG) ist kein übertriebener Formalismus anzuwenden
§ 63 AVG, § 9 VwGVG, § 17 VwGVG
GZ Ra 2021/10/0106, 18.07.2023
In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorgebracht, das VwG sei von der stRsp des VwGH abgewichen, indem es in seinem Erkenntnis den angefochtenen Bescheid abgeändert habe, obwohl das Beschwerdebegehren ausschließlich auf die ersatzlose Aufhebung des Bescheids gelautet habe. Es sei vorliegend kein Fall einer ersatzlosen Behebung des verwaltungsbehördlichen Bescheides vorgelegen, weshalb das Beschwerdebegehren der Oö Umweltanwaltschaft die Sache des Verfahrens verfehlt habe.
VwGH: Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass es für das Vorliegen einer zulässigen Beschwerde im Hinblick auf deren Begründung ausreichend ist, wenn diese erkennen lässt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. Bei der Auslegung des Begriffs „begründeter Berufungsantrag“ (bezogen auf § 63 Abs 3 AVG) ist kein übertriebener Formalismus anzuwenden. Das VwG hat unter Bezugnahme auf einschlägige Jud des VwGH zur Auslegung von Rechtsmitteln ausgeführt, dass ausschlaggebend für die Auslegung von Prozesserklärungen einer Partei ausschließlich deren objektiver Erklärungswert sei; es komme nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt der Eingabe an, dh auf das daraus erkenn- und erschließbare Ziel. Davon ausgehend sei der Antrag auf Aufhebung des zugrundeliegenden Bescheides im Hinblick auf die weitere Begründung der Beschwerde darauf gerichtet, dass die Oö Umweltanwaltschaft den positiven Bescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden haben wollte.
Das VwG hat sich demnach auf dem Boden der hg Rsp mit dem objektiven Erklärungswert der Beschwerde auseinandergesetzt und den als Aufhebungsantrag formulierten Beschwerdeantrag - im Hinblick auf die positive Feststellung des verwaltungsbehördlichen Bescheides - als Abänderungsantrag gedeutet. Dagegen bringt die Revision nichts vor, sodass iZm dem in Rede stehenden Beschwerdeantrag eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht geltend gemacht wurde.