07.08.2023 Verfahrensrecht

VwGH: Antrag auf Verfahrenshilfe

Verfahrenshilfe kann auch für das Verfahren vor dem VwG beantragt werden (§ 8a VwGVG); das Verfahrensstadium nach Verkündung der mündlichen Entscheidung während offener Frist zur Einbringung eines Antrags auf Ausfertigung ist noch dem Verfahren vor dem VwG zuzurechnen und unterliegt dem VwGVG; der Wortlaut der das Rechtsinstitut der Verfahrenshilfe vor dem VwG regelnden Bestimmungen ist nicht auf bestimmte Verfahrensstadien oder Prozesshandlungen des dem VwGVG unterliegenden Beschwerdeverfahrens beschränkt und schließt es folglich nicht aus, dass eine Partei des Beschwerdeverfahrens auch noch für dieses letzte Stadium des Verfahrens vor dem VwG den Antrag auf Verfahrenshilfe stellt


Schlagworte: Verfahrenshilfe, Verwaltungsgericht, Ausfertigungsantrag
Gesetze:

 

§ 61 VwGG, § 8a VwGVG, § 29 VwGVG

 

GZ Ra 2023/08/0029, 22.06.2023

 

VwGH: Anträge auf Gewährung der Verfahrenshilfe zum Zweck der Erhebung einer Revision unterliegen den Bestimmungen des VwGG.

 

Verfahrenshilfe kann auch für das Verfahren vor dem VwG beantragt werden (§ 8a VwGVG). Das Verfahrensstadium nach Verkündung der mündlichen Entscheidung während offener Frist zur Einbringung eines Antrags auf Ausfertigung ist noch dem Verfahren vor dem VwG zuzurechnen und unterliegt dem VwGVG. Der Wortlaut der das Rechtsinstitut der Verfahrenshilfe vor dem VwG regelnden Bestimmungen ist nicht auf bestimmte Verfahrensstadien oder Prozesshandlungen des dem VwGVG unterliegenden Beschwerdeverfahrens beschränkt und schließt es folglich nicht aus, dass eine Partei des Beschwerdeverfahrens auch noch für dieses letzte Stadium des Verfahrens vor dem VwG den Antrag auf Verfahrenshilfe stellt.

 

Einer solchen Antragsdeutung steht der Umstand nicht entgegen, dass eine Sachverhaltskonstellation, in der zur Vornahme eines Antrags auf schriftliche Entscheidungsausfertigung (bei isolierter Betrachtung dieses Verfahrensschritts) die anwaltliche Vertretung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich wäre, zwar nicht völlig undenkbar, in aller Regel aber nicht gegeben sein wird. Allein daraus ergäbe sich nämlich nicht die

Unzulässigkeit eines auf diese Prozesshandlung abzielenden Verfahrenshilfeantrags, also kein Zurückweisungs-, sondern bloß ein Abweisungsgrund (woraus - wie im Folgenden dargelegt wird - die Unterbrechung der Frist zur Einbringung eines Antrags auf Ausfertigung resultiert).

 

Angesichts der Unbestimmtheit der Angaben des Revisionswerbers zu den Verfahrenshandlungen, für deren Vornahme er Verfahrenshilfe beantragen wollte, wird das VwG diesem daher im fortgesetzten Verfahren einen Verbesserungsauftrag iSd § 13 Abs 3 AVG (iVm § 17 VwGVG) zu erteilen und ihn aufzufordern haben klarzustellen, ob sein Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe (allein) zur Erhebung einer Revision, zur Einbringung einer Beschwerde an den VfGH oder zur Einbringung eines Antrags auf Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung gestellt wurde. Sollte der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zum Zweck der Vornahme der noch im Verfahren vor dem VwG (nach dem VwGVG) erforderlichen Schritte gestellt worden sein, wird das VwG insofern den Antrag nach § 8a VwGVG in Behandlung zu nehmen haben.

 

Dabei wird es (angesichts der Antragstellung während offener Frist zur Stellung eines Ausfertigungsantrags) zu beachten haben, dass der Umstand allein, dass der Revisionswerber innerhalb der Frist des § 29 Abs 5 VwGVG keinen Antrag auf Ausfertigung gestellt hat, das VwG nicht berechtigt, bereits aus diesem Grund mit Ab- oder Zurückweisung eines diesbezüglichen Verfahrenshilfeantrags vorzugehen. § 8a Abs 7 VwGVG sieht vor, dass im Fall der Abweisung eines „rechtzeitig gestellte[n]“ Antrags auf Verfahrenshilfe die Beschwerdefrist sowie die in § 8a Abs 2 VwGVG geregelten Fristen (dh jene für die Einbringung eines Vorlageantrags, jene für einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder jene des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) „mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen“ beginnen. Zwar findet sich in der im Gesetzestext enthaltenen Aufzählung befristeter Prozesshandlungen keine Erwähnung des Antrags auf schriftliche Ausfertigung der verkündeten Entscheidung. Dieser Aufzählung der im Gesetz ausdrücklich angeordneten Unterbrechungsfälle liegt aber ein allgemeines Schutzprinzip zugrunde, weshalb diese nicht als abschließend zu verstehen ist. Die Frist zur Einbringung eines Antrags auf Ausfertigung ist daher durch den gem § 8aVwGVG gestellten Antrag auf Verfahrenshilfe unterbrochen und beginnt mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses über die Verfahrenshilfe (im Fall der Antragsstattgabe mit der Zustellung des Beschlusses über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter sowie der Verhandlungsniederschrift an den bestellten Rechtsanwalt) neu zu laufen.